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Und dann geht es im Schritt. Karge Grasbüschel wachsen am Weg¬
rand, betaut mit Perlentröpfchen. Hier und da spannt sich Spinnwebe
von Halm zu Halm. Der Boden wird glatt, weich und schlüpfrig, nur
braungedorrte Nadeln bedecken ihn. Dann ragt einmal eine Wurzel her¬
aus, quer über den Weg, daß mit leichtem Heben sich das Tier darüber
schwingt. Es bricht und knackt irgendwo in den Zweigen: ein flüchtig
gewordenes Wild.
Wieder geht es in der Schneise fort. Immer geradeaus, einem
dunkeln Punkte zu. Dort mündet sie in den breiten Weg, zur Abfuhr
des Holzes. Er windet sich; an den tief eingeschnittenen Räderspuren
sieht man die Biegung.
Nun kommt die Lichtung, wo in Klaftern geschlagenes Holz steht.
Dort wird es plötzlich hell, und drüben bricht aus den Zweigen das
Frührot. Seltsam spielt es in Lichtern auf dem Platze, die großen, vier¬
eckigen Baumstapelungen umrändernd, flimmernd auf dem taufeuchten
Wiesengras, schillernd im Sumpfwasser des Grabens. Die Sonne zuckt
durch das Gitterwerk der Kieferkronen, sie ummalt und umgießt die
Stämme, sie umzittert die langen Schilfhalme am Waldtümpel und
schießt steigend und Boden gewinnend über den Weg in die Furchen der
Räder. Dann umspielt und umzirkelt sie das Pferd und blinkt und
blitzt im Metall der Kandare.
Und die Sonne steigt. Gerade geht es ihr entgegen, so daß das
Licht blendet und die Farben verschluckt, die Umrisse verwischt und vorn
nur noch alles eine Stimmung ist: Weiß, Licht, Blendung.
Da biegt noch einmal der Weg. Nun steht die Sonne zur Seite;
sie schielt nur noch schwach durch die Äste, lange Schatten werfend, und
der Wald ist zu Ende: die Heide streckt sich vor den Blicken.
Eine Stange versperrt den Pfad. Das Pferd ist hinüber. Dann
geht es wieder im Galopp durch das Kraut, über den schmalen Wasser¬
arm mit dem schönen, festen und dennoch elastischen Landungsufer drüben
und nun über den Wiesenplan, am See, im Bogen herum.
Die Sonne steht nun im Rücken, so daß sie nicht blendet und man
alles in lichter Bestrahlung sieht. Sie wärmt, während der frische Luft¬
zug durch die Fahrt, in der wir sind, wieder Kühlung bringt. Da geht
es mit einem Satz auf die Straße und nun im Zotteltrabe durch das
erwachende Dorf. Vorsichtig an der Seite, wo es weich ist und Unkraut
wuchert, weil die Bauern nur im ausgefahrenen Gleise bleiben wollen.
Im Dorfteich schnattern die Enten und ziehen Straßen auf der mit
Wasserlinsen bewachsenen Fläche. Kreischend, zischend, fauchend flattern
ein paar Gänse davon, die sich auf dem Wege gesonnt. Blöde lächelt der
Junge dabei, der mit der Gerte Wache hält, die er vom Weidenstrauche
gerissen und entblättert bis auf ein großes, nickendes Büschel an der
Spitze. Muhen schallt rechts aus dem Bauernstall, und ein Luftzug trägt