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Baden, Pfalz und Hessen-Kassel. Vielleicht würden sie mit Erfolg den 
römischen Widersachern entgegengetreten sein, wenn nicht die noch immer 
fortdauernde Spannung zwischen den Lutheranern und Calvinisten hinder¬ 
lich gewesen wäre. So groß die Gefahr war, dennoch lehnten die Fürsten 
von Sachsen, Hessen-Darmstadt, Braunschweig, Mecklenburg und Pom¬ 
mern die Theilnahme an der Union ab, um nicht mit Bekennern der 
resormirten Kirche in Gemeinschaft zu treten und dadurch in den Ver¬ 
dacht der Ketzerei zu kommen. 
Inzwischen verstärkte sich die Union, deren Leitung dem Kurfürsten 
Friedrich V. von der Pfalz übergeben worden war, durch ern 
Bündniß mit Frankreich (1610). Darauf erhob sich aber auch dre rö¬ 
mische Partei, an deren Spitze der Herzog Maximrlran von Barern 
stand; sie schloß einen Gegenbund, die „Ligue" genannt, zu dessen 
Mitgliedern die geistlichen Kurfürsten und viele einflußreiche Prälaten 
gehörten. Die durch diese Bündnisse erzeugte Spannung zwischen den Re¬ 
ligionsparteien wurde gesteigert durch die Uneinigkeit über die von Pabft 
Gregor XIII. im Jahre 1582 getroffene neue Einrichtung des Ka¬ 
lenders, welche die Protestanten sich anzunehmen weigerten. 
Jetzt erhob sich Matthias gegen seinen Bruder Rudolf und 
nöthigte diesen, ihm Ungarn und Oesterreich abzutreten und dre Nach¬ 
folge in Böhmen zuzusichern. In dieser Bedrängniß gewährte Rudolf 
seinen böhmischen Unterthanen durch den „Majestätsbrief^ dre 
feierliche Zusage der freien Religionsübung (1609). Zwer Jahre spater 
verjagte aber Matthias seinen Bruder auch aus Böhmen (1611) und 
dieser entging nur durch den Tod (1612) dem Verluste der Karserkrone. 
Die Klagen über Rudolfs Regierung waren zu allgemern gewesen, 
als daß sein unglückliches Ende große Theilnahme hätte erwecken können. 
„Gegen alle Regierungsgeschäfte,^ hieß es, „hat er eine thörichte Abner- 
qunq, und ist doch wiederum höchst eifersüchtig, wenn sich ein Anderer 
ihrer annehmen will. Die Aemter bleiben unbesetzt, die zuchtlosen Sold¬ 
ner unbezahlt, erst nach jahrelangem Harren ergehen unpassende Ent¬ 
scheidungen, und gegen Willkür sucht sich Jeder durch Willkür zu 
schützen" u s. w. 
An dem Tage, als Matthias zum Könrge von Bohmen gekrönt 
wurde (den 23. Mai 1611), ging Rudolf in das entlegenste Gemach 
des Schlosses, um die Trompeten und das Beifallsjauchzen nicht zu 
hören, und rief weissagend: „Undankbares Prag, ich habe dich erhöht 
Und du. stößest mich von dir! Die Rache Gottes soll dich ereilen und 
der Fluch über ganz Böhmen kommen!" 
Nach Rudolfs Tode bestieg Matthras den Karserthron (1612 
bis 1619), jedoch war er weit entfernt, mit der Thätigkeit die Regie» 
runq zu führen, mit welcher er die Kaiserwürde erstrebt hatte. Durch 
seine Vermittelung war noch vor seiner Thronbesteigung der Erzherzog 
Ferdinand zum Könige von Ungarn und Böhmen gekrönt worden. Unter
	        
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