Full text: [Teil 5 = Untertertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Untertertia, [Schülerband])

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IV. Aus der Geschichte. 
nicht bloß mit der alten, sondern auch mit der neuen deutschen Kaiser¬ 
geschichte ist sie ruhmvoll verflochten. Saß hier oben doch seit der 
Stauferzeit das kraftvolle Geschlecht der Zollern als Burggrafen! Von 
hier nahm der Zollern-Aar den Ausgang seines kühnen Flugs, der auf 
dem deutschen Kaiserthrone endete. 
Nicht weniger ruhmvoll als die Geschichte der Burg ist die der 
Stadt selber. Sie war im Mittelalter die erste Fabrikstadt Deutsch¬ 
lands, und ihr Handel wurde außer von dem des nordischen Lübecks 
nur von dem Augsburgs übertroffen. Vielleicht war sie damals die 
zweitgrößte, wenn nicht gar die größte deutsche Stadt. Ihr höchster 
Ruhm aber ist der, in seltenem Maße Pflegerin der Künste und Wissen¬ 
schaften gewesen zu sein. Sie beherbergte im Mittelalter die hervor¬ 
ragendsten Vertreter aller Kunst- und Wissenszweige. Hier war zunächst 
der Hauptsitz des Meistergesangs, dessen Seele Hans Sachs bildete, ein 
echter deutscher Dichter. 
Zu gleicher Zeit mit Hans Sachs lebten in Nürnberg der berühmte 
Maler Albrecht Dürer, der Erzgießer Peter Bischer, der Bildhauer 
Adam Krafft und andere Künstler und Kunsthandwerker, die den Ruhm 
Nürnbergs über ganz Deutschland verbreiteten. Sie waren treue Bürger 
ihrer Stadt, und die Stadt war eine treue Auftraggeberin für ihre 
fleißigen Hände. Sie sind es, die Nürnberg zu des Reichs „Schmuck- 
kästlein" umschufen. Die Kirchen bekamen einen Kunstschatz nach dem 
andern, die fteien Plätze wurden mit schönen Brunnen geziert, die 
Häuser der wohlhabenden Bevölkerung mit künstlerischem Schmuck aus¬ 
gestattet. Und diese Musterstadt des ausgehenden Mittelalters ist uns 
mit fast all ihrem Schmuck erhalten geblieben. Nach seiner äußern Er¬ 
scheinung ist Nürnberg noch heute ein Stück Mittelalter; auch die alte 
Stadtmauer steht noch. Der Fremde bewundert noch heute die Kunst¬ 
schätze der Kirchen und Museen, die monumentalen Brunnen, die schmal- 
giebligen, altertümlichen Häuser mit ihren übergebauten Stockwerken, den 
zahllosen Erkern, Türmchen, Zacken, Drachen und anderen phantastischen 
Verzierungen. — Zu den Künstlern gesellten sich Erfinder mancher Art, 
so daß Nürnberg auch die „Stadt des Witzes im Erfinden" genannt wird. 
Bekannt ist z. B., daß hier von Peter Hele die ersten Taschenuhren, 
nach ihrer Form „Nürnberger Eier" genannt, angefertigt wurden. 
Außerdem wurden Windbüchse, Klarinette, Messing, Globus hier er¬ 
funden, beziehungsweise zuerst hergestellt.— Kein Wunder, wenn Nürnberg, 
diese Stadt des freien Geistes, die erste Reichsstadt war, die sich der 
Reformation anschloß. Der Dreißigjährige Krieg versetzte, wie so manchem 
Ort, so auch dem alten Nürnberg fast den Todesstoß. Mehr als andert¬ 
halb Jahrhunderte kränkelte es; aber die Zähigkeit seiner fleißigen, 
geschickten Bevölkerung hat obgesiegt: Nürnberg ist heute wieder eine
	        
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