Full text: [Band 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Band 3 = Oberstufe, [Schülerband])

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sehen hatte, nicht um einer zärtlichen Neigung zu genügen, sondern um 
ihrer und seiner Stellung willen; aber die Liehe kettete ihn bald an Adel¬ 
heid mit unauflöslichen Banden. Nicht lange nachher — wahrscheinlich 
schon im Oktober — wurde die Hochzeit unter Jubel und Frohlocken in 
Pa via, der volkreichen Stadt, gefeiert. Wie es eines mächtigen Königs 
würdig war, stattete Otto seine junge Gemahlin aus. Zu dem Wittum, 
welches ihr Lothar in Italien hinterlassen hatte, fügte Otto reiche Güter im 
Elsaß, in Franken, Thüringen, Sachsen und im Slavenlande; Adelheid galt 
für die reichste Frau der Welt. 
Pavia, das einst Adelheids tiefste Erniedrigung gesehen hatte, erblickte 
nun das neue Glück, das ihr aufging. Die junge Fürstin, der kurz zuvor die 
Krone so schmählich entrissen war, trug jetzt eine zweifache Krone auf 
ihrem Haupte und schritt höher als je einher an der Seite eines Gemahls, 
den alle Welt als den ersten Fürsten des Abendlandes kannte. Kaum war 
ein Jahr seit dem Tode ihres ersten Gemahls verflossen — was hatte sie 
nicht seitdem erlebt! Wunderbare Abenteuer, die ihren Namen durch die 
weite Welt trugen und zum Gegenstände buntwechselnder Mären machten! 
Jahrhundertelang ist man in Italien nicht müde geworden, von dem seltenen 
Glückswechsel, den die schöne Frau erfuhr, und von dem Kampfe, der um 
sie entbrannte, zu singen und zu sagen: Adelheid wurde gleichsam die 
Helena der italischen Sagen. Was wir von ihr berichtet haben, fließt nicht 
aus so trüben Quellen; wir folgten den Erzählungen des Abtes Odilo von 
Cluny, des vertrautesten Freundes der Königin in ihren letzten Lebens¬ 
jahren, und dem Berichte der Roswitha, der Nonne von Gandersheim, die 
noch bei Adelheids Lebzeiten aufschrieb, was sie von wohlunterrichteten 
Personen vernommen hatte. 
271. JMädcbenerziebung und frauenbildung im Mittelalter. 
Karl Weinhold. 
Wenn wir die Weise der Erziehung des weiblichen Geschlechts im Mittel¬ 
alter darzustellen suchen, so werden wir freilich über die unteren und ärmeren 
Schichten des Volkes so gut wie nichts aus den Quellen schöpfen können. In 
ihnen ging es her wie etwa noch im 18. Jahrhunderte unter der Land¬ 
bevölkerung, als der Schulen auf den Dörfern wenige standen und der Unter¬ 
richt in den Schulen der Kirchorte dürftig und wenig regelmäßig war. Die 
Mädchen wurden auch damals noch zuerst zum Hüten des Geflügels, zu kleinen 
Arbeiten im Hause und Felde angeleitet, lernten notdürftig den Katechismus, 
kaum Lesen, Schreiben selten und wurden dann bei wachsenden Kräften die 
Mägde des elterlichen oder brüderlichen Hauses und dadurch zur Stellung als 
Hausfrau vorbereitet. So ist es auch im Mittelalter gewesen.
	        
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