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Rainald von Dassel und Otto von Wittelsbach.
freien Abzug für ihre Person; auch sollten sie so viel mitnehmen dürfen, als
jeder auf den Schultern forttragen konnte. Nach einer Beratung mit ihren
Bundesgenossen nahmen die Cremasken diese Bedingungen an. Am 27. Januar
erfolgte die Räumung der Stadt; die Cremasken zerstreuten sich in die umlie-
genden Ortschaften; in die von den Einwohnern verlassene Stadt zogen die Heere
ein. Noch bevor es zu einer ordnungsmäßigen Verteilung der Beute kommen
konnte, brach in der Stadt Feuer aus und verzehrte alles, was die Abziehenden
zurückgelassen hatten. Dann trugen die Cremonesen die Mauern ab, die ihnen
längst ein Greuel waren, und die Lodesen halsen ihnen dabei. Die Gräben der
Stadt wurden ausgefüllt. Wo einst Crema stand, war ein Trümmerhaufen.
Nach einer siebenmonatlichen Belagerung war es gelungen die kleine Stadt
zu nehmen. Der Kampf war auf beiden Seiten mit einer ungeheuren Erbitterung
unb Grausamkeit geführt worden, wie sie selbst auf diesem Boden beständiger
nachbarlicher Kämpfe noch nicht erreicht war. Wenn auch der Sturm nicht aus-
geführt war, so hatten doch nicht Überredung und Hunger zur Übergabe genötigt,
sondern der Zwang der Belagerungsmaschinen, welche die Verteidiger bereits
dezimiert hatten und beim nächsten Versuche mit sicherem Erfolge drohten.
Gegenüber einer Festung neuen Stiles hatten sich die Angriffswaffen als die
stärkeren erwiesen. Der militärische Erfolg erregte ungeheures Aufsehen. Die
gleichzeitige Geschichtschreibung zeigt ein Interesse an den technischen Einzelheiten
des Angriffs und der Verteidigung wie bei keinem andern gleichzeitlichen
militärischen Vorgang. Der Sieger von Crema meldete seinen Erfolg in einem
von Stolz schwellenden Schreiben in die deutsche Heimat.
6. Rainald von Dattel und Otto von Wittelsbach.
Hans Prutz, Kaiser Friedrich 1.
(Danzig, A. W. Kafemann.)
Rainald von Dassel und Otto von Wittelsbach, die getreuen Diener und
Ratgeber Friedrichs I. bei Begründung seiner Macht, wurden von dem Augen-
blicke an, da der Bruch mit dem Papsttum eintrat1) und der kirchliche Kampf
entbrannte, mit einem Male in den eigentlichen Mittel- und Brennpunkt der
Ereignisse gestellt und erlangten eine Bedeutung, welche ihnen neben dem Kaiser
selbst ein vorzügliches Interesse bei der Nachwelt sichert. Namentlich in Rainald
verkörpern sich gleichsam die kühnen Ideen der staufischen Politik, welche sich
damals in jugendlichem Ungestüm vermaß mit der Kirche zugleich das ganze
Abendland unter ihre Herrschaft zu bringen.
x) Der Bruch mit dem Papsttum trat ein, als von der Mehrheit der Kardinäle
Alexander III., von der Minderheit dagegen Viktor IV. zum Papst erhoben wurde und
Friedrich diesen anerkannte, worauf er von Alexander gebannt wurde.