Full text: Geschichte der Neuzeit von 1517 bis 1786 (Teil 5)

120 Die Neuzeit. 
Comenius (vgl. S. 57) drang insbesondere der von ihm beeinflußte edle Am os Comenius 
1592 1670' aus Mähren daraus, daß man nicht nur die Methode des Sprachunterrichts 
verbessere und die barbarische Disziplin mildere, sondern neben den Sprachen 
auch die Sachen lehre undÜbungen in deutscher Rede einfübre. Mit seinem 
Bilderlesebuche „orbis (sensualiam) pictus" vom Jahre 1657 begründete 
e?"5enAnfch auuugs untrer rlHt7 'An den bestehenden Verhältnissen ward 
Die Gelehrten- freilich wenig geändert. Das Griechische trat in den Gymnasien etwas 
schulen. zurück; man trieb es nur um des Verständnisses des Neuen Testamentes 
willen. Die umfangreichen Lateinstudien blieben bestehen; sie galten nur 
der Grammatik und Metrik, der Dialektik und Rhetorik; in Geist und 
Leben des Altertums drang man nicht ein. Den nachhaltigsten Erfolg hatten 
die Ideen des Comenius noch in Thüringen (vgl. S. 84). 
Das Bildungs- Ganz entschieden sagte sich jedoch die höfische Welt von der alten 
höfischen Welt. Bildung los. War im 16. Jahrhundert auch dem Adel der vollkommene 
Der vollkommene Gelehrte das höchste Bildungsideal, so war es jetzt der vollkommene 
Hofmann. Hofmann, der Galanthomme. Dazu war erforderlich Beherrschung der 
französischen Sprache, Kenntnis der Geschichte und Staatswissenschaft, Geo- 
graphie und Mathematik, Übung im Reiten, Fechten und Tanzen, Beherrschung 
der feinen Umgangsformen. Solche Bildung konnten die Lateinschulen nicht 
vermitteln. Daher gründete man seit dem 17. Jahrhundert für die jungen 
Ritterakademien. Adligen Ritterakademien, die eine französisch-höfische Bildung gewährten. 
Die Volksschule. Die Volksschule mußte nach dem Kriege erst aus der Zerstörung neu 
geschaffen werden, und wenige Fürsten zeigten für ihre Bedeutung soviel 
Verständnis wie Herzog Ernst der Fromme von Gotha und Friedrich 
Wilhelm I. von Preußen. Nur da, wo man den Schulzwang durchgeführt 
hatte (Weimar, Hessen-Darmstadt, Gotha, Braunschweig-Wolfenbüttel, 
Württemberg), vermochte sie einigermaßen ihrer Aufgabe gerecht zu werden. 
Zu wirklicher Blüte gedieh sie nicht, solange ungebildete und allzu dürftig 
besoldete Lehrer an ihr wirkten. Den Anstoß zu einer völligen Neugestaltung 
August Hermann des Volksbildungswesens gab August Hermann Francke (1663 — 1727). 
e' Eine organisatorische Kraft ersteisKänges, suchte erHeljerrMnden Bildnngs- 
ibeate zu vereinigen und in einem großen Schulganzen zu verwirklichen. 
Nachdem er in Halle eine Armenschule begründet hatte, schloß er an sie 
eine Bürgerschule an. ferneTToIöfetr eine Lateinschule, eine höhere 
M ad chen schule, ein Pädagogium für Söhne des Adels; endlich ließ er 
das erste deutsche Waisenhaus aufführen. Diese Anstalten verfolgten das- 
Seine Pädagogik selbe Ziel, sie wollten „zur wahren Gottseligkeit und christlichen 
Klugheit anführen". Jene sollte vor allem durch den mit neuem Leben er- 
füllten, auf das Gemüt einwirkenden Religionsunterricht gefördert werden. 
Der christlichen Klugheit diente der Unterricht in den Sprachen und in den 
Realien, wobei Francke als ehemaliger Schüler des gothaischen Gymnasiums 
Anregungen des Herzogs Ernst folgte. Unter demselben Einflüsse stand er, 
wenn er in seinen Schulen eine auf Grundsätzen Ratkes und des Arnos 
Comenius beruhende einheitliche Methode durchführte. Er drang allenthalben 
/ auf „beständiges Gespräch mit den Lehrlingenließ in den Sprachen die 
> Regeln möglichst ausBerspielen' entwickeln, 5en Unterricht in den Realien 
nuf die Anschauung stützen und vor allem fleißig wiederholen. Der Aus- 
&(X/} tW / t4*sv ^^«
	        
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