Die Lyrik unserer Tage.
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Das Büffelhorn, das lange geruht,
Veit Stoßperg nahm's aus der Lade,
das alte Äorn, es brüllte nach Blut
und wimmerte: „Gott genade!"
Ja, gnade dir Gott, du Ritterschaft!
Der Bauer stund auf im Lande,
und tausendjährige Bauernkraft
macht' Schild und Schärpe zuschande.
Die Klingsburg hoch am Berge lag,
sie zogen hinauf in Waffen,
auframmte der Schmied mit einem Schlag
das Tor, das er fronend geschaffen.
Dem Ritter fuhr ein Schlag ins Gesicht
und ein Spaten zwischen die Rippen,-
er brachte das Schwert aus der Scheide nicht
und nicht den Fluch von den Lippen.
Aufrauschte die Flamme mit aller Kraft,
brach Balken, Bogen und Bande, — —
ja, gnade dir Gott, du Ritterschaft:
der Bauer stund auf im Lande!
Otto Julius Bierbauln
geb. 1865 in Grllnberg in Schlesien, gest. 1910 in Dresden.
19. Abendlied.
Die Nacht ist nieder gangen,
die schwarzen Schleier hangen
nun über Busch und Äaus.
Leis rauscht es in den Buchen,
die letzten Winde suchen
die vollsten Wipfel sich zum Neste aus.
Noch einmal leis ein Wehen,
dann bleibt der Atem stehen
der müden, müden Welt.
Nun noch ein zages Beben
fühl' durch die Nacht ich schweben,
auf die der Friede seine Äände hält.