Der Ausbruch des deutsch-französischen Krieges. 267
trumpft, nein, von aller Mitarbeit ausgeschlossen. Damit wuchsen denn
auch die Tatsachen weit über die Rechtsscherereien und Widersprüche
am Bundestag in Frankfurt hinaus. Schon am 12. Juni hatte der
diplomatische Verkehr zwischen Berlin und Wien aufgehört; in Schleswig-
Holstein erschien durch Österreichs Vorgehen in Sachen der holsteinischen
Stände der Gasteiner Vertrag vernichtet; die Preußen begannen Holstein
zu besetzen und die Österreicher über die Grenze zu drängen. Am Bundes¬
tag freilich fiel die Entscheidung am 14. Juni gegen Preußen. Dessen Be¬
vollmächtigter legte darauf den Bundesreformantrag, verschon am 10. Juni
an die einzelnen Negierungen ergangen war, in der Bundesversammlung
nieder: Der seitherige Bund sei ausgelöst, jedoch ohne Zerstörung der
Grundlagen für nationale Einheit; es gelte jetzt, neue Formen zu finden.
Von diesem Augenblick an, und vollends als die nächsten Tage
eine runde Absage der Nachbarn brachten aus Dresden, Hannover,
Kassel, scheint die Seele Wilhelms ganz ruhig und fest geworden zu
sein. Nach dem Kriege, am 8. November 1866, schrieb Wilhelm an
einen alten Freund: „Sie glauben gar nicht, wie unendlich schwer es
mir geworden ist, das Wort »Kriegs auszusprechen, ioätte ich es als
Prinz unter Soldaten auszusprechen gehabt, wäre ich außer mir vor
Freude gewesen; aber als König war ich mir meiner ganzen Ver¬
antwortlichkeit bewußt und zögerte so lange, als es mir mit der Ehre
Preußens verträglich war." Mit Hellem Blick in die Zukunft jedoch
sprach er noch vor dem Kriege, im Mai 1866, zu einem Staatsmann
aus den deutschen Mittelstaaten: „Wenn wir jetzt einen Krieg gegen¬
einander führen, so werden wir uns später versöhnen und einen anderen
Krieg gemeinschaftlich führen." A. Pfister.
13. Der Ausbruch des deutsch --französischeu Krieges.
An demselben 15. Juli, an dem Frankreich aus Eifersucht auf
Preußens Wachstum den Angriffskrieg beschloß, reiste König Wilhelm
von Ems nach Berlin zurück, um, wenn es so geschähe, die Verteidigung
zu sichern. Wenn früher einzelne Stimmen die Geduld getadelt hatten,
mit der er die französischen Zumutungen anhörte, jetzt, nach eitlem kräf-
tigell Entschlüsse zu ihrer Abfertigung, war sein Volk ihm dankbar, daß
er bis an die äußerste Grenze der Langmut gegangen war und danlit
die Friedensliebe und das gute Gewissen Deutschlands der Welt offen¬
bar gemacht hatte. Wo der königliche Zug anhielt, waren die Bahn¬
höfe mit gedrängten Menschenmassen erfüllt, die der: greisen Herrscher
mit unablässigen Zubelrufen begrüßten. Da war kein Unterschied von