Brachmann: Kolumbus.
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5. „Wohlan denn, es sei noch! Doch hebt sich der Strahl
Und zeigt uns kein rettendes Land,
So siehst du die Sonne zum letztenmal!
So zittre der strafenden Hand!"
Geschlossen war also der eiserne Bund;
Die Schrecklichen kehrten zurück. —
Es thue der leuchtende Morgen nun kund
Des duldenden Helden Geschick!
6. Die Sonne sank, der Tag entwich,
Des Helden Brust ward schwer;
Der Kiel durchrauschte schauerlich
Das weite, wüste Meer.
Die Sterne zogen still herauf,
Doch ach, kein Hoffnungsstern!
Und von des Schiffes ödem Lauf
Blieb Land und Rettung fern.
7. Vom Trost des süßen Schlafs verbannt,
Die Brust voll Gram, durchwacht,
Nach Westen blickend unverwandt,
Der Held die düstre Nacht.
„Nach Westen, o nach Westen hin
Beflügle dich, mein Kiel!
Dich grüßt noch sterbend Herz und Sinn,
Du meiner Sehnsucht Ziel!
8. Doch mild, o Gott, von Himmelshöhn
Blick' auf mein Volk herab!
Laß nicht sie trostlos untergehn
Im wüsten Flutengrab!"
Er spracht, der Held, von Mitleid weich;
Da horch! Welch eiliger Tritt?
„Noch einmal, Fernando, so trüb' und bleich?
Was bringt dein bebender Schritt?"
9. „Ach, edler Feldherr, es ist geschehn!
Jetzt hebt sich der östliche Strahl!"
„Sei ruhig, mein Lieber, von himmlischen Höhn
Entwand sich der leuchtende Strahl.
Es waltet die Allmacht von Pol zu Pol;
Mir lenkt sie zum Tode die Bahn."
„Leb wohl denn, mein Feldherr, leb' ewig wohl!
Ich höre die Schrecklichen nahn!"
10. Und eh noch dem Ritter das Wort entflohn,
Da drängte die Menge sich nach;
Da stürmten die Krieger, die wütenden, schon
Gleich Wogen ins stille Gemach.
„Ich weiß, was ihr fordert, und bin bereit;
Ja, werft mich ins schäumende Meer!
Doch wisset, das rettende Ziel ist nicht weit;
Gott schütze dich, irrendes Heer!"