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die Schriften der Araber voll; Leo hat die Erzählung von sonst übrigens
unbekannten Monumenten der verdursteten Karavanen aufbewahrt.
Jackson bestätigt dies durch die neueste furchtbare Thatsache, die sich
während seines Aufenthaltes an der Grenze der Wüste im Jahr 1805
zutrug. Auf dem Wege von Tafilelt nach Tombuktu nemlich kam auf
ähnliche Art eine ganze Karavane von 2000 Menschen und 1800 Ka¬
melen um, weil eine der Oasen, die sonst eine Station der Karavanen
war, kein Wasser mehr hatte.
Aber auch Entbehrungen außerordentlicher Art erwarten hier den
Reisenden. Die dorrende Kraft des Windes macht hier die gefüllten
und besten Wasserschläuche schwinden, trocknet sie fast ganz aus. Dann
Preiset der Reiche sich noch glücklich, für 10 bis 500 Dollars einen
Trunk Wassers zu erkaufen. Auch die Kamele sterben nicht selten auf
den weiten Zügen vor Durst und Ermattung. Ihre und andrer Last¬
thiere an den Karavanenstraßen häufig umher zerstreuten Knochen und
bleichen Gerippe zeigten in den hilfelosesten Einöden einem Leo, Poncet,
Bruce, Hornemann, Park, Lyon und andern, im Norden, Osten und
Süden des Sandozeans das Verzweiflungsvolle der Lage, in welche sie
sich begeben hatten.
Selbst die Vögel, welche sich nur bis auf bestimmte Fernen von
bewohnten Plätzen in der Wüste sehen lassen und darum dem Maho-
medaner wie Boten des Propheten erscheinen, ihnen Mut in der Trübsal
einzusprechen, selbst diese werden von den Sandstürmen in diese Ein¬
öden verschlagen und ihre todten Körper über den Boden verstreuet.
Aus der Wüste bleiben da, wo Wasserstellen sind, die Elephanten
und Eber, und selbst auch wo diese fehlen, an ihrem Rande, die rei¬
ßenden Bestien, Löwen und Panther, zurück. Nur die schnellfüßigsten
aller wandernden Thiere, die dem Blitze gleich erscheinen und ver¬
schwinden, Strauße und Antilopen, leben innerhalb der Wüste, und
nur ihnen allein begegnet da in der Todtenstille das Sausen des
Windes und der Karavanenzug, denn selbst die Vegetation bleibt fast
ganz zurück.
Nur einzelne Gewächse sind dazu von der Natur organisirt, den
Glutwinden zu widerstehen, die sonst alles versengen, und den Men¬
schen, ja den Mauren selbst wie seinen Gefährten, das Kamel, in
Todesangst zu Boden strecken. Einige Distelarten, in deren Blatt¬
winkeln sich die wenige Feuchtigkeit sammeln kann, die Mannastaude
Algul, eine Art duftender Thymian, das She der Araber auf losem,
und der bestäubte Thalstrauch (Um! mimosa gummifera Forsk.) auf
festem nacktem Boden, das sind die am meisten verbreiteten Gewächse
und das einzige knappe Futter der Kamele und Esel, das sie oft Mo-
uate lang erhalten muß. In einzelnen Gegenden wächst, wo auch
kein Wasser ist, niedriges Krüppelstrauchwerk, welches den Karavanen
zu Wegmarken dient; aber seine saftlosen Blätter erfrischen die schmach¬
tende Zunge nicht. Hie und da stehen an geschützteren Stellen dornige
Mimosen oder Akazien, die Gummi liefern. Sonst erblickt man überall
nur Sand und Himmel, und die Vegetationsstellen erscheinen dem
Araber darin nur als Inseln, die er zumal dann Gezira oder Jazr
zu nennen pflegt, wenn Dattelhaine sie verherrlichen.
Müßte nicht auch hier im allgemeinen Vegetation den Boden be¬
decken können, wie fast überall sonst auf der Erde, wenn er nicht selbst
bon Jahr zu Jahr, ja von Tag zu Tag seine Stelle verrückte? So
wird aber jede leichte Besamung selbst mit fortgeführt, und wo nie¬
driges Gesträuch sich angesiedelt hat, da häuft sich in der Wüste nur
Mager, Deutsches Elementarwerk. I. 3. Sechste Ausl. oq
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