Full text: [Band 3, [Schülerband]] (Band 3, [Schülerband])

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geistige Natur des Asengeschlechts hat sich schon in der Ehe Bors mit 
der Riesentochter an die Materie gebunden und ist dadurch im Lose 
dieser mitbefangen. Wann einst die entfesselten Jötune hereinbrechen, 
dann werden im Untergange der Welt auch die kämpfenden Äsen ver¬ 
schlungen und darum heißt das Ende der Dinge Ragnarök, der Regin, 5 
waltenden Götter, Dämmerung. Aber aus dem allgemeinen Unter¬ 
gänge steigt eine neue Welt empor, in der auch die Äsen wieder auf¬ 
leben, und so bewährt sich der im Salzsteine gelegene Keim dennoch 
als ein Göttliches, das im Durchgänge durch die Zeit zwar ihren Wechseln 
verfallen, an sich aber unvertilgbar ist. ^ 10 
Auf dem zeitlichen Dasein der Äsen lastet nun stets das Vorgefühl 
des hereindrohenden Verderbens. Ueberall erkennen sie die Zeichen des¬ 
selben; im Einbrüche der Nacht, in der jährlichen Abnahme des Lichtes, 
im Welken des Sommergrüns, im Siege des Winterfrosts ahnen sie 
den Tod ihrer Schöpfung, empfinden sie ihr eigenes Altern. Haben sie 15 
doch Den in ihrer Mitte, in dem sich durchaus die Neige der Dinge 
verbildlicht. Loki, der Beschließer, Endiger, von jötunischer Abkunft, 
hat in frühester Zeit schon mit Odin Blutbrüderschaft geschlossen und 
befindet sich stets in der Äsen Gesellschaft. Nach Raum und Zeit be¬ 
zeichnet er Ziel und Ende der Göttermacht. Er wirkt die Abnahme 20 
des Lichtes, er ist der Abend des Jahres, wie der Zeiten überhaupt, 
und steht in durchgängigem Gegensatze mit Heimdall, dem überall die 
Frühe, der Aufgang, angehört, dessen Schwert Höfud, der Anfang, 
ist, der Gras und Wolle wachsen hört, jedes leiseste Werden erlauscht. 
In die Gemeinschaft der waltenden Götter aufgenommen, vertritt 25 
Loki nicht bloß den im Leben der Welt auch den Jötunen gebührenden 
Antheil, er ist zugleich das leise Verderben, das rastlos unter den 
Göttern umherschleicht. Dies sein stille zehrendes Wirken wird als 
List und Trug, als boshafter Rath dargestellt, wodurch er die von 
ihm getäuschten Äsen in Schaden und Unfall führt. Aber auch ihren 30 
endlichen, gewaltsamen Untergang hat er vorbereitet. Mit dem Riesen¬ 
weib Oegurboda oder Angrboda, der Unheilkünderin, hat er außer der 
Todesgöttin Hel, den Wolf Fenrir und die Midgardsschlange gezeugt; 
das erstere dieser Ungeheuer wird im letzten Kampfe Odins Todter 
sein, das andre Thors, der beiden Hauptgötter. Als die Äsen seines 35 
Verrathes inne werden, fangen und binden sie ihn, allein auch er 
wird einst los werden und die zerstörenden Gewalten heranführen. 
Dann geben Loki und Heimdall sich gegenseitig den Tod, Anfang und 
Ende gehen in der Auflösung alles Zeitlichen mit einander auf.. . 
Doch nicht verzagend und thatlos harren die Götter dem Schicksal 40 
entgegen. Jeder wacht und wehrt, schafft und kämpft an seiner Stelle. 
Odin, das Haupt der Äsen, der auch dem Namen nach der Gott des leben¬ 
digen Geistes ist, durchforscht rastlos die Welt und stärkt die Sache 
der Götter, indem er überall geistiges Leben weckt und den irdischen 
Heldengeist zu höherem Berufe, zur künftigen Theilnahme an dem 45 
großen Götterkampf, in seine himmlische Halle heranzieht. Dagegen 
ist Thor, Odins kräftigster Sohn, vorzugsweise Beschirmer der Erde, 
deren Anbau er begründet, deren Fruchtbarkeit und Freundlichkeit er 
zum Besten ihrer Bewohner unermüdlich fördert und schützt, und 
darum mit den wilden Elementargewalten in beständigem Kampfe 50 
liegt. 
2. Thor ist der personifizirte Donner, der Donnergott. Wenn 
er daherfährt, erzittern die Berge, brechen die Felsen und steht die Erde 
in Flammen. Seinen Wagen ziehen dann zwei stattlichgehornte Böcke,
	        
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