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Der Kaiser eilte mit seinen siegreichen Truppen nach Frankreich, mußte 
es aber wegen einer dort ausgebrochenen Hungersnot bald wieder ver¬ 
lassen. Es gelang ihm jedoch mit Hülfe des Papstes, einen zehnjährigen 
Waffenstillstand in Nizza zustande zu bringen, zu dem der französische 
König so süße Miene machte, als hätte er kaum je etwas Lieberes gewollt. 
Im Stillen mochte er hoffen auf die eine oder die andre Weise, Herr 
Mailands zu werden. Als aber Karl V. zwei Jahre später die Stadt 
seinem Sohne Philipp gab, war es mit Frankreichs Freundschaft vorbei, 
und Franz I. nahm die erste beste Gelegenheit wahr, sich zu rächen. 
Die erneuten Seeräubereien der Türken von Algier aus ließen 
den Kaiser einen zweiten Kriegszug nach Afrika planen, und obgleich 
der erfahrene Admiral Andreas Doria eine Seefahrt der kaiserlichen 
Kriegsflotte bei so später Jahreszeit widerriet, war Karl von dem ein¬ 
mal gefaßten Plane nicht abzubringen. Die Flotte erreichte zwar die 
afrikanische Küste, aber fast im Hafen geborgen, wurde sie vom Sturm 
zerschellt, und der Kaiser war froh, sich und den Seinen das nackte 
Leben gerettet zu haben. Das war der günstige Zeitpunkt, den Franz I. 
auszunützen gedachte, um in einem vierten Feldzuge nach Italien 
Mailand zu gewinnen. Aber in schnellen Tagereisen stürmte der 
deutsche Kaiser Paris zu, das er fast erreicht hatte, als ihm Franz I. 
voller Bangen Frieden anbot, der zu Crespy geschlossen wurde. (1544.) 
Danach behielt der deutsche Kaiser Mailand, Neapel, Flandern und 
Artois, Franz I. behielt Burgund, starb aber schon im folgenden Jahr. 
7. Die Wiedertäufer in Münster. e 
Die Lehre von der evangelischen Freiheit der Christen war bereits 
zu Anfang der Reformationszeit so vielfach mißverstanden worden, 
daß es auch hier fast heißen mochte, wo der Herrgott eine Kirche hat, 
stellt der Teufel zwei Häuser daneben. Die einst mit den Bilder¬ 
stürmern verbundene Sekte der Wiedertäufer, welche die Kindertaufe 
verwarfen und darum Erwachsene nochmals tauften, war zunächst aus 
Sachsen verdrängt worden, um sich in den Niederlanden desto unge¬ 
störter festzusetzen. Sie gingen mit dem abenteuerlichen Plan um, 
ein weltliches Gottesreich aufzurichten. Es lag in der Zeitstimmung, 
daß mit der Reformation der Kirche das Verlangen nach einer Ver¬ 
besserung der staatlichen und bürgerlichen Verhältnisse Hand in Hand 
ging. Auch die Bauernkriege waren daraus hervorgegangen. 
In der volkreichen und wohlhabenden Hauptstadt des westfälischen
	        
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