Full text: [Abteilung 3 = Quarta, [Schülerband]] (Abteilung 3 = Quarta, [Schülerband])

Kutzen: Der niedersächsische Volksstamm. 
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mittleren Raumes ist häufig offen und ohne Schornstein. „Die Wohnung 
eines gemeinen Bauern," sagte Justus Möser, der ausgezeichnete Ver¬ 
fasser der osnabrückischen Geschichte, der Geschichte seines Vaterlandes, 
„ist in ihrem Plane so vollkommen, daß solche gar keiner Verbesserung 
fähig ist und zum Muster dienen kann. Der Herd ist fast in der 
Mitte des Hauses und so angelegt, daß die Frau, welche bei demselben 
sitzt, zu gleicher Zeit alles übersehen kann. Ein so großer und bequemer 
Gesichtspunkt ist in keiner andern Art von Gebäuden. Ohne von ihrem 
Stuhle aufzustehen, übersieht sie zu gleicher Zeit drei Thüren, dankt 
denen, die hereinkommen, heißt sie bei sich niedersitzen, behält ihre 
Kinder und ihr Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge, hütet Keller, 
Boden und Kammer, spinnt immer fort und kocht dabei. Ihre Schlaf¬ 
stelle ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus derselben eben diese 
große Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit aufstehen und sich nieder¬ 
legen, das Feuer anbrennen und verlöschen und alle Thüren auf- und 
zugehen, hört ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen und beachtet Keller, 
Boden und Kammer. Jede zufällige Arbeit bleibt in der Kette der 
übrigen. Sowie das Vieh gefüttert und die Dresche gewandt ist, ruht 
sie wieder hinter ihrem Spinnrade. Diese vereinigten Vorteile machen, 
daß die Bauern lieber beim Herde als in der Stube sitzen". 
Auch andere Gewohnheiten haften an den lieb gewonnenen Ein¬ 
richtungen des Hauses, obgleich durch Landesart, größeren Aufwand 
und obrigkeitliche Anordnungen im einzelnen Abweichungen bedingt 
worden sind. Wo alles unter einem Dache, um ein Feuer beisammen 
lebt, wo der weite Raum der Einfahrt gleichsam ein bedeckter Markt¬ 
platz für das kleine häusliche Gemeinwesen ist, um welchen herum 
dessen sämtlichen Gliedern, Menschen und Vieh, ihre besondern Plätze 
angewiesen ftnb; wo eben dieser Raum die Jugend nicht bloß zu an¬ 
gestrengter Arbeit, sondern auch zu heiterem Tanze und Gelage ver¬ 
sammelt: da mußte ein haushälterischer, anhänglicher Sinn für die 
Familie, eine größere Anhänglichkeit selbst ans Vieh, da mußte für den 
Genuß der Freuden des Lebens im engen, bekannten Kreise eine festere 
Neigung entstehen, als wo alles innerhalb derselben Wirtschaften zer¬ 
fahren und getrennt lebt. Wo ferner, wie man im Osnabrückischen 
und im Münsterland zu sehen Gelegenheit hat, die Gehöfte oft ganz 
zerstreut und vereinzelt liegen, wo der Landmann nicht selten fast eine 
Viertelstunde bis zum nächsten Nachbar, eine Stunde bis zum nächsten 
Wirtshause zu gehen hat, da muß gleichfalls die Häuslichkeit natür¬ 
licher, entwickelter als in jenen Gegenden sein, in welchen durch ent¬ 
gegengesetzte Verhältnisse leicht Störungen in den Familienkreis kommen. 
In der That, nicht darf man sich Deutschland zu kennen rühmen, 
hat man nicht auch diese westfälisch-niedersächsischen Gaue mit ihren 
vereinzelten Bauerhöfen, mit ihren prächtigen Wiesenplanen und Eichen¬ 
wäldern kennen gelernt. Es ist wahr, unser Vaterland hat anderwärts, 
besonders in seinem Südwesten und in dem mittleren Westen, den unbe¬ 
strittenen Vorzug weit größerer Mannigfaltigkeit in Bodenbeschaffenheit 
und Volksleben; aber auch das Weite, Auseinandergezogene, Bequeme,
	        
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