wartet werden sonnte, zum erwünschten Ziele: am 23. No¬
vember konnte auch der Vertrag über den Beitritt Bayerns
unterzeichnet werden. Die Verhandlungen mit Württem¬
berg, in Berlin fortgesetzt, fanden am 25. November mit
der Unterzeichnung der Verträge ihren Abschluß. (Über
den Verlauf der Verhandlungen mit Baden, Württemberg
und Bayern unterrichten die Auszüge aus Aufzeichnungen
und Briefen unter Nr. 6—8.)
Daß der gesamtdeutsche Bund den Namen eines
Reichs, fein (Oberhaupt den Titel eines Kaisers
ZU führen habe, galt dem deutschen Volke als selbstver¬
ständlich. Für den nördlich von der ITIainlinie wohnenden
Teil des deutschen Volkes war der Reichstag des Nord¬
deutschen Bundes das zuständige Organ, für die deutschen
Südstaaten die Landtage. Aber selbst, wenn hier wie dort
die Bereitwilligkeit vorhanden war, dem König von Preußen
als Bundesoberhaupt den Titel eines Kaisers zuzugestehen,
so war es doch fraglich, ob auch die Fürsten zu einer der¬
artigen Rangerhöhung des Königs von Preußen, den sie
als Ersten unter Gleichen zu betrachten gewöhnt waren,
die Hand bieten würden, vom Großherzog von Baden
wußte man es: die badische Denkschrift vom 2. September
ließ darüber keinen Zweifel: auch vom greifen König
Johann von Sachsen und den übrigen, im Norddeutschen
Bund geeinigten Fürsten war freudige Zustimmung zu
gewärtigen; aber dem König von Bayern mit seiner starken
Überzeugung von der ihm und seinem Staate zukommenden
Machtstellung im Bunde zur Seite des führenden Staates
wollte der Gedanke schwer eingehen, durch den kaiserlichen
Titel dem König von Preußen einen Rang zuzuerkennen,
der ihn hoch über feine HTitfürften im Bunde und neben
die Kaiser von Österreich und Rußland stellte. Das wunder¬
lichste aber an der Sache war, daß König Wilhelm selbst
von dem neuen Titel nichts wissen wollte: ihm war der
Titel eines Königs von Preußen, dem er durch seine Siege
in Böhmen und in Frankreich neuen, unsterblichen Glanz
verliehen hatte, ein (Erbteil aus großer Vergangenheit, der
Kaisertitel in Erinnerung an die Machtlosigkeit und Schwäche
der früheren römischen Kaiser deutscher Nation ein leerer
Schall, ein Diadem mit erborgtem Glanze; und darum
12