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45. Auferstehung.
„Habt ihr immer satt zu essen gehabt, Konrad?"
„O ja, es geht. Es geht besser als früher."
Der Knabe ließ von der bitteren Wahrheit nicht ab.
„Willst du nicht, daß ich hier bleibe, Konrad?"
Der sah scheu zu ihm auf und schüttelte den Kopf.
„Ich fürcht' mich!"
„Und . . . was sagt die Mutter?"
„Ich weist nicht, ... sie sagt gar nie etwas davon. Es geht ihr
gut so."
„So werd' ich wieder gehen... Da, heb den Beutel auf...
schliest ihn in die Kommode... es ist Geld drin... gib es der
Mutter ... sie soll etwas für euch kaufen... und sag', ich lass'
sie grüsten. — Annele, gib mir einmal die Hand."
Furchtsam legte das Kind die kleine Patschhand in die Rechte
des Mannes. Der bückte sich zärtlich zu dem Kinde und küstte es auf
die blonden Haare. Dann prestte er die Hand auf die Augen und ging
aus der Stube.
Drauhen, mitten auf dem Waldwege, stand er steif und still. Aus
der Heimat vertrieben, ausgestosten, verurteilt durch den Mund des
eigenen Kindes! Und er konnte nicht widersprechen, denn der Knabe
hatte recht.
Wohin nun, wohin? O, wäre er im Zuchthause, in der engen,
vergitterten Zelle! Es wäre besser als hier im freien Heimatwalde.
Tief unten sang lockend der Flust ein böses Lied. Und er lauschte
schon hinunter mit unheimlichen, glühenden Augen.
Doch da drang ein besseres Singen an sein Ohr; Menschenstimmen
sangen im Tale:
„Triumph, der Tod ist überwunden! Alleluja!"
Stumpf sank der Arme auf einen Stein am Wegrande. Dort
unten waren frohe, erlöste Menschen; für ihn war der Sieg nicht
gekommen; er stand mitten in Nacht und Tod.
Doch die Christengemeinde unten sang weiter, und dem Einsamen
wurde ein wenig leichter.
Ein Weg tat sich auf in der Nacht; er fastte einen Plan für die
Zukunft. Nach der grosten Stadt wollte er auswandern, arbeiten und,
was er verdiente, seinen Leuten schicken. Dann brauchten sie nicht zu
hungern und sich vor ihm auch nicht zu fürchten.
Was sollte er auch hier? Anna, sein Liebling, der einzige Mensch