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Geibel, Ich fuhr van St. Goar.
9. Wie seltsam traf's das Ohr
Mir jetzt aus fremdem Munde!
Ein Heimweh zuckt' empor
In meines Herzens Grunde.
10. Ich lauschte, bis der Klang
Zerfloß in Windesweben;
Doch sah ich drauf noch lang'
Das Schifflein glänzend schweben.
11. Es zog dahin, dahin. —
Still saß ich, rückwärts lugend;
Mir war's, als führe drin
Von dannen meine Jugend.
167. Gebet.
Herr, den ich tief im Herzen trage, fei du mit mir!
Du Gnadenhort in Glück und Plage, sei du mit mir!
Im Brand des Sommers, der dem Manne die Mange bräunt,
Wie in der Jugend Rosenhage, sei du mit mir!
s Behüte mich am Born der Freude vor Übermut,
Und wenn ich an mir selbst verzage, sei du mit mir!
Gib deinen Geist zu meinem Liede, daß rein es sei,
Und daß kein Wort mich einst verklage, sei du mit mir!
Dein Segen ist wie Tau den Reben, nichts kann ich selbst;
io Doch daß ich kühn das Höchste wage, sei du mit mir!
O du mein Trost, du meine Stärke, mein Sonnenlicht,
Bis an das Ende meiner Tage sei du mit mir!
168. Wenn sich zwei Herzen scheiden.
1. Wenn sich zwei Herzen scheiden,
Die sich dereinst geliebt,
Das ist ein großes Leiden,
Wie's größres nimmer gibt.
Es klingt das Wort so traurig gar:
Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!
Wenn sich zwei Herzen scheiden,
Die sich dereinst geliebt.
2. Als ich zuerst empfunden,
Daß Liebe brechen mag:
Mir war's, als sei verschwunden
Die Sonn' am hellen Tag.