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durch sein langes Leben begleitet und ihn von früh an vor jeder
Anwandlung von Überhebung bewahrt. Die Unbeständigkeit
menschlicher Dinge stand ihm immer vor Augen. Wer hat je
ein Wort des Selbstrühmens von ihm gehört oder einen Blick
des stolzen Selbstvertrauens an ihm wahrgenommen? Von allen
Erfolgen in Krieg und Frieden gab er Gott die Ehre und den
Männern, die er ihm gegeben. Demut war das Ehrenkleid des
Herrschers, der Purpur dieses Helden, dessen Taten den Erdkreis
erfüllten.
Wichtig für den Lebensgang des Kaisers war es, daß er
in voller Mannesreife stand, als ihm der Gedanke nahe trat, daß
er auf den Thron seiner Väter berufen sein würde.
Darum hat er sich so lange voll und ganz einem Berufe,
dem Heerdienste, gewidmet, und denselben von Stufe zu Stufe
gewissenhaft durchgemacht. Hier ist ihm die rücksichtsloseste Pflicht¬
treue im großen und kleinen zur anderen Natur geworden. Hier
hat er die Bedürfnisse des Soldaten, hier alle starken und schwachen
Seiten unseres Heerwesens auf das genaueste kennen gelernt, so
daß er in einem der wichtigsten Teile des Staatswesens ein voll¬
kommener Sachverständiger war, als er die Verpflichtung fühlte,
seinen Gesichtskreis nach allen Seiten zu erweitern.
Deutlich erkannte er, was in Preußen, was in Deutschland
anders werden müsse, und nimmer kann ich — denn warum sollte
ich Bedenken tragen, heute vor Ihnen eigene Erinnerungen ein¬
zuflechten, die zu den teuersten meines Lebens gehören? — des
22. März 1848, heute vor vierzig Jahren, vergessen, den der
Prinz von Preußen noch in Verborgenheit auf der Pfaueninsel
zubrachte. Hier fühlte er sich gedrungen, im engsten Kreise der
Familienglieder und Hausgenossen offen auszusprechen, daß er
einer umfassenderen Beteiligung der Volksvertretung an den öffent¬
lichen Angelegenheiten niemals entgegengetreten wäre; am Abend
seines Geburtstages nahm er tief erschüttert von den Seinigen
und der Heimat Abschied, um, von einem Adjutanten begleitet,
unerkannt nach Hamburg zu fahren. In England begann ein
neues Leben für ihn. Niemals hat er der hochherzigen Königin
die ihm bereitete Aufnahme vergessen, und lebenslang ist er dem
damaligen Gesandten Herrn von Bunsen dankbar geblieben, weil
er durch ihn mit den englischen Staatseinrichtungen bekannt wurde.