Full text: Lesebuch zur Einführung in die deutsche Litteratur (Teil 6, [Schülerband])

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Grünet der Ölbaum, es keimt lustig die köstliche Saat. 
Munter entbrennt, des Eigentums froh, das freie Gewerbe, 
Aus dem Schilfe des Stroms winket der bläulichte Gott. 
Zischend fliegt in den Baum die Axt, es erseufzt die Dryade, 
Hoch von des Berges Haupt stürzt sich die donnernde Last. 
Aus dem Felsbruch wiegt sich der Stein, vom Hebel beflügelt; 
In der Gebirge Schlucht taucht sich der Bergmann hinab. 
Mulcibers Amboß tönt von dem Takt geschwungener Hämmer, 
Unter der nervigten Faust spritzen die Funken des Stahls. 
Glänzend umwindet der goldene Lein die tanzende Spindel, 
Durch die Saiten des Garns sauset das webende Schiff. 
Fern auf der Rhede ruft der Pilot, es warten die Flotten, 
Die in der Fremdlinge Land tragen den heimischen Fleiß; 
Andre ziehn frohlockend dort ein mit den Gaben der Ferne, 
Hoch von dem ragenden Mast wehet der festliche Kranz. 
Siehe, da wimmeln die Märkte, der Krähn von fröhlichem Leben, 
Seltsamer Sprachen Gewirr braust in das wundernde Ohr. 
Auf den Stapel schüttet die Ernten der Erde der Kaufmann, 
Was dem glühenden Strahl Afrikas Boden gebiert, 
Was Arabien kocht, was die äußerste Thule bereitet, 
Hoch mit erfreuendem Gut füllt Amalthea das Horn. 
Da gebieret das Glück dem Talente die göttlichen Kinder, 
Bon der Freiheit gesäugt wachsen die Künste der Lust. 
Mit nachahmendem Leben erfreuet der Bildner die Augen, 
Und vom Meißel beseelt, redet der fühlende Stein. 
Künstliche Himmel ruhn auf schlanken jonischen Säulen, 
Und den ganzen Olymp schließet ein Pantheon ein. 
Leicht wie der Iris Sprung durch die Luft, wie der Pfeil von der Senne, 
Hüpfet der Brücke Joch über den brausenden Strom. 
Aber im stillen Gemach entwirft bedeutende Zirkel 
Sinnend der Weise, beschleicht forschend den schaffenden Geist, 
Prüft der Stoffe Gewalt, der Magnete Haffen und Lieben, 
Folgt durch die Lüfte dem Klang, folgt durch den Äther dem Strahl, 
Sucht das vertraute Gesetz in des Zufalls grausenden Wundern, 
Sucht den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht. 
Körper und Stimme leiht die Schrift dem stummen Gedanken, 
Durch der Jahrhunderte Strom trägt ihn das redende Blatt. 
Da zerrinnt vor dem wundernden Blick der Nebel des Wahnes, 
Und die Gebilde der Nacht weichen dem tagenden Licht. 
Seine Fesseln zerbricht der Mensch. Der Beglückte! Zerriss' er 
Mit den Fesseln der Furcht nur nicht den Zügel der Scham! 
Freiheit! ruft die Vernunft, Freiheit! die wilde Begierde, 
Von der heil'gen Natur ringen sie lüstern sich los. 
Ach, da reißen im Sturm die Anker, die an dem Ufer 
Warnend ihn hielten, ihn faßt, mächtig der flutende Strom;
	        
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