B. Beschreibende Darstellung-.
o
I. Geographische und Kulturbilder.
95. Der Olymp.
Im türkischen Thessalien, nördlich von Larissa, erstreckt sich ein
romantischer, aber öder Landstrich dem Meere zu. Schweigen und
Einsamkeit herrschen jetzt dort, wo einst der Lärm der Menschen sich
bemerkbar machte. Man sieht hier und da Überreste griechischer
Straßen, worauf kein Fuß mehr wandelt. Einige Maisfelder in den
Thälern und kümmerliche Olivenpflanzungen sind die einzigen Zeichen
gegenwärtiger Kultur. Tiefgebräunte, hagere Gestalten, denen man
ansieht, daß das Joch des Treibers noch auf ihnen lastet, bewohnen
die einsamen Hütten.
Dort erhebt sich der Göttersitz der griechischen Vor weit, der
Olymp, der noch heute Elymbos heißt, mit weißglänzendem Firn zu
gewaltiger Höhe. Den Ossa ausgenommen erscheinen die Berge um
ihn her wie Zwerge. Die ältesten Griechen hielten ihn für den höchsten
Berg (2973 m hoch) und den Mittelpunkt der ganzen Erde, die man
sich damals wie eine Scheibe vorstellte und von des Berges Gipfel
ganz überschauen zu können meinte. Dieser Begriff und das Majfi&tä-
tische auch in seiner Form führte zur Idee, er sei die irdische Wohnung
der Götter. Über dem Haupte desselben stellte man sich eine Öffnung
im metallenen Gewölbe des Himmels vor, die Pforte für die unsterblichen
Mächte. Zwei andere Thore dachte man sich am Himmelsgewölbe, und
zwar an dessen äußerstem Bande in Ost und West. Durch diese
stiegen der Sonnengott Phöbus und die Göttin der Nacht mit ihrem
Gefolge aus dem Ozean zum Firmament empor und wieder hinunter.
Auf dem Olymp ratschlagten die großen Götter; zwölf an der Zahl
bildeten sie den Kat der Alten, Zeus war ihr Haupt. Sie entschieden
die Geschicke der Welt und die Angelegenheiten des Himmels. Die
übrigen Götter gehörten zur allgemeinen Versammlung, welche Zeus in
wichtigen Dingen berief. Krystallene Paläste bedeckten die Gipfel des
Berges, der Götter Wohnungen, denen kein Sterblicher zu nahen sich
erdreistete. So erzählt von ihnen die Mythe der Griechen zur Zeit
des Homer.