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Märchen.
was richtig und was falsch ist; und schlecht Ding in guter Hand ist immer noch
sehr viel mehr wert wie gut Ding in schlechter.
Richard Vvn Volkmann-Leander, Träumereien an französischen Kaminen,
32. Aufl. Leipzig 1906, S. 36 ff.
5. Alexander und das Paradies.
Nach der Eroberung Indiens zog Alexander mit Beute beladen in kurzen
Tagemärschen vorwärts um seinem Heere Erholung zu gönnen. Er kam an einen
breiten Strom, von dem man ihm sagte, es sei der Ganges, der auch Physon
heiße und in dem Paradiese entspringe. Als Alexander vom Paradiese vernahm,
sprach er seufzend: „Ich habe nichts in der Welt erreicht, wenn ich nicht dieser
Wonnen teilhaftig werde." Sofort erwählte er aus der Jugend seines Heeres
fünfhundert der Unerschrockensten und Ausdauerndsten und bestieg mit ihnen ein
bereitstehendes, wohlausgerüstetes Schiff. Sie fuhren einen Monat lang aufwärts,
bis die Kräfte der Jünglinge an der Wucht des reißenden Stronies- zu erlahmen
begannen und das furchtbare Brausen der Gewässer sie betäubte. Da sahen sie
endlich am viernnddreißigsten Tage etwas wie eine Stadt von wundersamer Große
und Ausdehnung. Sie ruderten mit Anstrengung drei Tage an der Mauer hin,
welche keine Türme und Schutzwehren hatte und so dicht mit Moos bewachsen
war, daß man keine Steinfugen gewahrte. Endlich sahen sie ein schmales
Fensterchen und Alexander ließ einige seiner Leute in einem Boote hinrudern.
Auf ihr Pochen erschloß ein Mann den Riegel und fragte mit sanfter
Stimme, wer und woher sie seien und was sie suchten. Sie erwiderten: „Wir
sind die Boten nicht eines beliebigen Fürsten, sondern des Königs der Könige,
des unbesiegten Alexander, dem alle Welt gehorcht. Er will wissen, welches Volk
hier wohnt, welcher König es beherrscht, und befiehlt euch, wenn euch euer
Leben lieb sei, ihm wie alle übrigen Völker Zins zu zahlen."
Aber jener sprach mit heiterem Angesicht und mildem Worte: „Strengt
euch nicht mit Drohungen an, sondern wartet geduldig, bis ich wiederkomme!"
Er schloß das Fenster und fast zwei Stunden vergingen, bis er es wieder
öffnete. Er reichte ihnen einen Edelstein von wundersamem Glanze und un¬
gewohnter Farbe, der an Gestalt und Größe einem menschlichen Auge glich.
„Hier entbieten dir", so hieß er sie ihrem König melden, „die Einwohner dieses
Ortes ein Erinnerungszeichen an ein wundersames Erlebnis, magst du es nun
als Geschenk oder als schuldigen Tribut hinnehmen. Aus Menschenliebe senden
wir dir diesen Stein, der deinen Begierden ein Ziel setzen kann. Denn wenn
du seine Natur und seine Kraft kennen lernst, so wirst du von allem Ehrgeiz
fernerhin ablassen. Wisse auch, daß es dir und den Deinen nicht frommt länger
hier zu verweilen! Schon bei einem mäßigen Sturme werdet ihr im Schiffbruch
sicheren Tod finden. Gib dich also deinen Genossen zurück und zeige dich für
die empfangenen Wohltaten dem Gott der Götter nicht undankbar!"
Damit schloß er das Fenster. — Jene ruderten zurück und Alexander, mit