Full text: [Theil 4 = (Tertia), [Schülerband]] (Theil 4 = (Tertia), [Schülerband])

Oppel: Die Möve in ihrer Heimat. Hartwig: Die Fischwelt. 149 
leuchteten die weißen Köpfe hervor; es sah aus wie eine riesige Schiefer¬ 
tafel, welche mit Tausenden von weißen Pünktchen bedeckt worden wäre; 
es schien, als ob der ganze Fels sonderbares Geschmeide in Ketten¬ 
gewinden, Ringen und Sternen trüge. Unser Schiff schreckte einen kleinen 
Teil der ruhigen Gesellschaft auf, und nun erhob sich ein furchtbares 
Geschrei. Heftig blies der Nordwind, und wütend brandete das Eis¬ 
meer am Fuße der Klippen. Aber das Gewirr der Töne konnten wir 
doch schon trotz dem Grollen der Brandung und dem Lärmen des Schiffes 
deutlich unterscheiden. Jetzt donnerte das Geschütz, und der Schall ertönte 
am Felsen wieder. Ein unbeschreibliches Geschrei erhob.sich, und ein 
dichter Schleier verhüllte den Felsen und die Aussicht nach dem Meere. 
Wie wenn ein wütend tosender Sturm durch die Luft zieht und Hun¬ 
derte von Schneewolken einander schlagen, bis sie sich in Flocken nieder¬ 
senken, so schneite es jetzt lebendige Vögel herunter. Man sah weder den 
Berg, noch den Himmel, sondern bloß ein Wirrsal ohnegleichen. Eine 
dichte, weiße Wolke erfüllte den ganzen Gesichtskreis. Das kleine Dampf¬ 
schiff schien ihr Kern- und Mittelpunkt zu sein. 
Die Wolke senkte sich auf das Meer herab; die bisher umnebelten Um¬ 
risse von Svärtholm traten wieder hervor, und ein neues Schauspiel 
fesselte die Blicke. An den Felsenwänden schienen noch ebensoviel Möven zu 
sitzen, wie vorher, und Tausende flogen noch ab und zu, und auf dem Meere 
sah es aus, als ob durch ein Wunder die Tausende von Wogen in lauter 
kleine Wellen zerteilt und alle diese mit blendend weißem Schaum ge¬ 
schmückt wären. Doch die Wogen selbst ließen die Täuschung verschwinden. 
Sie schaukelten die Millionen ihrer Kinder, welche sich, durch die Tücke des 
Menschen erschreckt, auf ihnen niedergelassen hatten, langsam und mild 
auf und nieder, wie eine liebende Mutter ihr geliebtes Kind auf ihrem 
Schoße wiegt. Wer soll diesen herrlichen Anblick beschreiben! Soll ich 
sagen, daß das Meer Millionen und andere Millionen lichter Perlen in 
sein dunkles Wellenkleid geflochten habe, oder soll ich die Möven mit 
Sternen und das Meer mit dem Himmelsgewölbe vergleichen? Ich 
weiß es nicht; aber ich weiß, daß ich auf dem Meere noch niemals 
Schöneres gesehen habe. Und alle die Mitreisenden, ja selbst die Führer 
lies Schiffes versicherten einstimmig, daß man dieses Schauspiel mit 
eigenen, leiblichen Augen gesehen haben müsse, um an die Möglichkeit 
desselben glauben zu können. Während wir standen und staunten und 
von allen Lippen Ausrufe des Staunens und heller Jubel ertönte, zog 
das Schiff weiter dahin und brach sich scheinbar seine Bahn durch die 
Millionen der Geschöpfe, welche nun, zu Hunderten vereint, wieder 
zu ihren Ruheplätzen zurückzogen. 
69. Die Fischwelt. 
Hartwig, Das Leben des Meeres. 
Der Schoß des Ozeans ist voller Mysterien; er birgt eine ganze 
Welt, die der Naturforscher nur oberflächlich kennt und vielleicht niemals 
ergründen wird. Die Gewohnheiten der Landtiere zu beobachten und 
deren speziftsche Unterschiede mit Genauigkeit anzugeben, ist eine ver¬
	        
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