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im Jahre 552 glücklich nach Konstantinopel, obwohl Todesstrafe auf die Aus¬
führung des Insekts gesetzt war. In ihren ausgehöhlten Wanderstäben hatten
sie die kostbare Beute verborgen. Nun wurden durch ganz Griechenland Maul¬
beergärten und Seidenfabriken angelegt. Von dort verbreitete sich die Seiden- ,
zucht allmählich nach Sizilien, Italien, Spanien, Portugal.
Die gesamte Seidenproduktion Europas wird heutzutage auf mindestens
12 Millionen Pfund geschätzt. Rechnet man 2000 Kokons ans ein Pfund
Rohseide — eine sehr geringe Schätzung —, so müssen jährlich 24 000 Mil¬
lionen Raupen ihre Gespinste opfern. Und doch ist das nur Europa!
173. Der Zcllenbau der Bienen.
M. Dach.
Wunderbar ist die Berechnung, welche die Bienen angestellt zu haben
scheinen, um eine der schwierigsten geometrischen Fragen zu ihrem Vorteile zu ,
lösen. Es handelt sich nämlich darum, wie man die Zellen zusammenstellen
und formen muß, um auf einer gegebenen Fläche die größte Menge derselben
erbauen zu können, wenn man darauf Rücksicht zu nehmeu hat, daß die Arbeit
dauerhaft sei. und man den Banstoff sparen muß. Macht man sie rund, dann
bleiben überall Öffnungen dazwischen; man würde diese Räume mit Wachs
ausfüllen müssen und dadurch viel desselben verlieren. Da ein runder Körper
die Zellen ausfüllen soll, so können sie auch nicht viereckig oder dreieckig sein;
sehr viel Raum würde sonst durch die leer bleibenden Ecken verloren gehen.
Lange vor dem Menschen hatte die Honigbiene die Antwort darauf gefunden.
Daß aber dieser Bau von den Bienen ohne Riß, ohne Winkelmaß und Richt¬
schnur so schön, so genau, so pünktlich ausgeführt wird, wie es die geschickteste
Menschenhand mit den kunstvollsten Werkzeugen kaum nachbilden kann, das ist
etwas, was unser Staunen um so mehr in Anspruch nimmt, als wir wissen,
daß der weise Schöpfer die Anlage dazu schon ins Bienen-Ei gelegt hat. Diese
Kunstfertigkeit wird mit der Biene geboren.
Wie aber die Bienen ihre Zellen bauen, ist nicht so leicht zu beobachten,
wie man denkt. Alle wollen sich daran beteiligen, wodurch ein solches Ge¬
wimmel entsteht, daß man dadurch gar nichts sieht. Sie kommen in großer
Anzahl und gehen ebenso wieder weg; kaum sieht man eine bauen, so ist sie
auch schon wieder verschwunden. Indessen bemerkt man doch, daß sie mit den
Kiefern das Wachs ansetzen und formen. Schneidet man eine angefangene
Wabe aus, so bemerkt man mehrere Dutzend Zellen, wovon viele bloß ange¬
legt sind, andere schon einen erhöhten Rand haben. Diese Anlagen sind säulen¬
förmig und die Ränder schon sechseckig. Während einige die Ränder verlängern,
legen die andern dicht daneben den Grund zu andern Zellen, so daß jede Zelle
für sich ein Ganzes bildet und daher keine Scheidewand für zwei Zellen gemein¬
schaftlich ist. Sobald an der einen Seite die Böden von einigen Zellen angelegt
sind, fangen andere auf der entgegengesetzteu Seite dasselbe an. Wenn die
Königin zu legen gedrängt ist, so werden die Zellen nicht gleich fertig gemacht,
sondern immer und immer neue angefangen und erst später vollendet, wenn
die Eier schon darin liegen. Anfangs lassen sich die Bienen nicht Zeit, die