Full text: [2 = Mittlere Lehrstufe, [Schülerband]] (2 = Mittlere Lehrstufe, [Schülerband])

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V. Geographische Schilderung, Reisebeschreibung. 
befinden, die durch Karawanen aus den Negerstaaten an den Nilseen gebracht oder 
auch in den Plantagen der Insel gezogen werden. Es sind dies besonders: 
Elefantenstoßzähne, Kopalharz, Wachs, Gewürznelken, Orseille (eine Flechte, aus 
der man eine schöne rote Farbe gewinnt); aber es ruhen hier auch die Vorräte, die 
nach dem Innern des gegenüberliegenden Festlandes als Tauschmittel zu wandern 
bestimmt sind: Baumwollenzeug, Glasperlen, Steingutwaren, Gewehre, Pulver, 
Messingdraht. Auch das in Mittelafrika übliche Geld, die Kaurimuscheln, kann 
man hier, von weiblichen Sklaven sortiert, aufgestapelt sehen. Der Handel, der 
sich in Sansibar abwickelt, erreicht einen bedeutenden Wert und stieg schon 1875 
auf 21 116 000 Mark, obwohl von den arabischen Kaufherren der Stadt nicht diese 
deutsche Münze, sondern der österreichische Maria-Theresia-Taler (zu 4 Mark) als 
Zahlmittel angesehen wird. Im ersten Stockwerk der den Europäern gehörigen 
Häuser liegen die Wohnzimmer, während die Terrasse auf dem platten Dache mit 
ihrem prächtigen Ausblick auf die Stadt, den Hafen und die See einen sehr beliebten 
Aufenthaltsort bildet, sobald die sengend heiße Sonne unter den Horizont getaucht 
ist. An das Europäerviertel schließt sich das Bazarquartier; niedrige Hütten 
drängen sich bereits zwischen die hohen Steinhäuser, bald hören die engen Gassen 
ganz auf; in buntem Durcheinander liegen die Wohnungen. Dieser Teil der Stadt 
zeigt schon mehr den orientalischen Charakter: Unreinlichkeit, Düfte, schlimmer, als 
sie aus den dumpfigen, dunklen Höfen europäischer Großstädte dringen, und ein 
Menschengewimmel, zu welchem neben den schwarzen Suaheli die Hindu der 
Malabarküste das Hauptkontingent stellen, die unter dem Namen der Banyanen 
oder Krämer bekannt sind. Wir überschreiten einen kleinen Bach und betreten das 
letzte Quartier von Sansibar: Ngambu, bestehend aus einem Haufen elender 
Baracken zwischen Schutt und Unrat, wo zufrieden und glücklich die freigewordenen 
Sklaven, die Wangwana hausen. Weithin ziehen sich diese Lehmhütten, die mit 
Palmblüttern gedeckt und mit einem Gärtchen umgeben sind, wo man ein Dutzend 
Kokosbäume, sowie Erdnüsse und süße Kartoffeln zieht. Wenn die Wangwana 
dazu noch über einige weiße Hemden, rote Mützen und ein europäisches Spazier- 
stöckchen verfügen, so ist ihre Freude vollkommen. Sie sind Lastträger, bilden die 
Begleiter der Karawanen und Afrikaforscher und sind geschickte Handwerker. Ob¬ 
gleich ein früherer Sultan zur Anerkennung des Sklavenhandelsverbotes 1873 
gezwungen wurde, waren doch nachher auf seinen Plantagen immer noch gegen 
10000 Sklaven tätig, welche die Arbeit der früheren 50000 verrichten mußten. 
Wie er, so die vornehmen Araber Sansibars. 
Das Klima der Stadt, die unter 5" südl. Br. liegt, ist zunächst nicht für 
Europäer geschaffen; die 28" 0. Mitteltemperatur werden aber durch die kühlen 
Steinbauten und die Seebrisen für dieselben erträglich. Nur im März und 
November zur Zeit der Windstillen macht sich die tropische Hitze in unangenehmer 
Weise fühlbar, namentlich während der erstickend heißen Nächte. Die im April 
beginnende Regenzeit ist höchstens 14 Tage hindurch mit dauernden Niederschlägen 
verbunden, und in dieser Periode kann es vorkommen, daß die Nächte mit nur
	        
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