XIII. Geistliche Lyrik.
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Ein Vater seinem Kinde
Nimmt er uns an sein Herz.
Vergeben ist die Sünde,
Vorüber Tod und Schmerz.
6. Die Tränen, die auf Erden
Geprüfte Tugend weint,
Läßt er zu Perlen werden,
Von Engelshand vereint
Zu der Vergeltungskrone,
Die dort den Sieger ehrt
Mit unverwelktem Lohne,
Der hier sich treu bewährt.
7. Dort wird des Dulders Klage,
Der hier sich abgemüht,
An dem Bergeltnngstage
Zum frohen Siegeslied;
Dort lohnt er alle Sorgen
Und Armut, Gram und Leid
Am Auferstehungsmorgen
Mit ew'ger Herrlichkeit.
8. Kein Aug' hat's je gefunden,.
Kein Ohr es je gehört,
Kein Herz es je empfunden,
Wie Gott die Seinen ehrt.
Kein Mund vermag's zu sagen,
Was er uns aufbewahrt,
Wenn treu in Prüfungstagen
Zum End' wird ausgeharrt.
9. Er, der in unsrer Mitten
Ein Gott im Fleische stritt
Und hoch am Kreuz gelitten,
Wie nie ein Mensch noch litt,
Er ging ja auch durch Leiden
Und Tod zum Licht voran
Und führt zu seinen Freuden
Durch Leid uns nur hinan.
10. Er starb, auf daß wir leben;
Aus Grab und Todesnacht
Zu Gott uns zu erheben,
Brach er der Hölle Macht.
Daß wir den Himmel erben,
Gab er den letzten Hauch;
Drum nur, wenn wir ihm sterben,
Dann leben wir ihm auch.
11. Du, der gehorsam worden
Selbst bis zum Kreuz und Tod,
Der uns durch Grabespforten
Die Hand zum Leben bot,
Führ' uns die Bahn der Leiden,
Nur nimm nach müdem Lauf
In deine Himmelssreuden
Den matten Pilger auf!
I. v. Geis sei.
> 245. Auf Wiedersehn.
(Nach altdeutscher Weise.)
1. Es ist bestimmt in Gottes Rat,
Daß man, was man am liebsten hat,
Muß meiden;
Wiewohl nichts in dem Laus der Welt
Dem Herzen, ach! so sauer fällt
Als Scheiden, ja Scheiden!
2. So dir geschenkt ein Knösplein was,
So tu es in ein Wasserglas —
Doch wisse:
Blüht morgen dir ein Röslein aus,
Es welkt wohl noch die Nacht daraus;
Das wisse, ja wisse!
3. Und hat dir Gott ein Weib beschert,
Und hältst du sie recht innig wert,
Die deine:
Es werden wohl acht Bretter sein,
Ta legst du sie, wie bald! hinein;
Dann weine, ja weine!
4. Nun mußt du mich auch recht verstehn,
Ja, recht verstehn!
Wenn Menschen auseinandergehn,
So sagen sie: Auf Wiedersehn!
Ja Wiedersehn!
E. v. Feuchtersleben.