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12. In den hohen Kaisersaal
Ist er rasch noch eingetreten;
Sitzend dort auf goldnem Stuhl
Hört man für sein Volk ihn beten.
13. „Reichet mir den hcilgen Leib!"
Spricht er dann mit bleichem Munde:
Drauf verjüngt sich sein Gesicht
Um die mitternächtge Stunde.
14. Da auf einmal wird der Saal
Voll von überirdschem Lichte,
Und entschlummert sitzt der Held,
Himmelsruh im Angesichte.
15. Glocken dürfens nicht verkünden,
Boten nicht zur Leiche bieten;
Alle Herzen längs des Rheins
Fühlen, daß der Held verschieden.
16. Nach dem Dome strömt das Volk,
Schwarz, unzähligen Gewimmels;
Der empfing des Helden Leib,
Seinen Geist der Dom des Himmels.
Just. Kerner.
63. Des Dentschritters Ave.
(14. Jahrh.)
1. „Herr Ott vom Bühl, nun
drängt die Not,
Nun zeigt, wie treu Jhrs meint!
Das Feld ist rot, und die Brüder
sind tot,
Und hinter uns rasselt der Feind.
3. Im Schlachtfeld tranken wir
alle daraus,
Zu sühnen uns mit Gott;
Soll nun beim wüsten Sieges¬
schmaus
Der Heid ihn schwingen zum Spott?
2. Wohl klag ich manch gebrochnen
Speer,
Manch Wappenschild zerspalten;
Doch schmerzts um den heiligen Kelch
mich noch mehr
In meines Mantels Falten.
4. Herr Ott, und fühlt Ihr Euch
stark und jung,
Noch einmal wendet das Roß!
Versucht mit scharfem Schwertcs-
schwung
Noch einmal zu hemmen den Troß!