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Als der liebe Gott der Kurfürstin das zweite Söhnlein schenkte
— das erste war im zarten Alter gestorben — gelobte sie aus Dank¬
barkeit gegen Gott, in Oranienburg ein Waisenhaus zu gründen.
Dies Gelübde wurde auch ausgeführt. Ein Hans wurde erbaut, iu
dem 12 Knaben und ebensoviel Mädchen Unterkunft finden konnten.
Dieselben wurden sorgfältig erzogen und unterrichtet. Der Austritt
der Knaben aus dem Waisenhause erfolgte meistens mit dem 14.
oder 15. Jahre. Dann wurden sie gewöhnlich zu einem Meister¬
in die Lehre gethan, damit sie ein Handwerk erlernten. Ausnahms¬
weise wurden auch wohl sehr begabte Schüler zu ihrer weiteren Aus¬
bildung auf höhere Schulen gebracht. Die Mädchen konnten bis zum
18. Jahre in der Anstalt bleiben, und wenn sie sich später verheirateten,
bekamen sie noch 20 Thaler als Geschenk aus dem Waisenhause.
Die edle Kurfürstin starb leider schon früh. Erst 39 Jahr alt,
wurde sie in der Blüte ihres Lebens dahingerafft. Das ganze Land
war in tiefe Trauer versetzt. Oft sah man nach ihrem Tode den
Kurfürsten vor ihrem Bildnisse stehen und hörte ihn wohl ausrufen:
„O Luise, Luise, wie sehr vermisse ich deinen Rat!" In Oranien¬
burg ist ihr vor dem Waisenhause ein Denkmal errichtet worden. Das
Volk aber bewahrte seiner Wohlthäterin die dankbarste Liebe auch
über das Grab hinaus und bezeugte seine Anhänglichkeit dadurch,
daß es die Töchter vielfach auf den Namen „Luise" taufen ließ.
Anhang.
26. Otto I., Herzog von Harburg. (1527—1549.)
Als Heinrich, Herzog von Lüneburg und Celle, genötigt war, der Regierung
zu entsagen, übertrug er dieselbe seinen beiden ältesten Söhnen Otto und Ernst
(1520). Zwei Jahre später wurde durch einen neuen Vertrag auch der jüngste
Sohn Franz zum Mitregeuteu bestimmt. Die beiden ältesten Söhne führten
jedoch die Landesregierung von 1520—1527 allein, weil der jüngere Bruder
wegen seiner Minderjährigkeit an derselben noch nicht teilnehmen konnte.
Im Jahre 1527 aber trat Otto, ein Freund der Zurückgezogenheit, von der
Landesregierung zurück, begnügte sich mit dem Harburger Gebiete uud wurde
der Stifter der herzoglich-harburgischen Seitenlinie. Nach dem mit den Brüdern
geschlossenen Vertrage bekam er das Schloß Harburg uud den davor liegenden
Ort gleiches Namens nebst einem Teile der Insel Wilhelmsbnrg. Außerdem bezog
er ein Jahrgehalt von 1500 Gülden. Dieser Vertrag wurde 1555 von Kaiser
Karl V. zu Brüssel bestätigt.
Herzog Otto begann gleich nach der Übernahme des Herzog¬
tums Harburg (24. Aug. 1527) mit dem Bau des sogenannten
Fürstenhauses, von dem noch heute (1895) ein Teil (Wöllners Gast¬
haus an der Mühlenstraße) vorhanden ist.
Zn jener Zeit war Harburg noch ein unbedeutender Flecken.
Die Häuser waren leicht von Holz errichtet, unregelmäßig gebaut
und von Schiffern, Fischern, einigen Handwerkern und Arbeitern