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reich sah jetzt verächtlich auf Ludwig XIV., der es einst zu Ruhm und
Sieg geführt und seinem Volke ein glänzendes Zeitalter bereitet hatte.
Es war vergessen über der Schmach, die nun Frankreich erfahren mußte.
Als sollte dem bis zur Verzweiflung gedrängten König noch ein
Strohalm der Hoffnung gereicht werden, änderte der plötzliche Tod
Kaiser Josephs I., der ohne männliche Erben starb, die politische Lage.
Nun war Josephs Bruder, der spanische Karl, Erbe der Kaiserwürde
und der österreichischen Besitzungen. Aber die machtvolle Monarchie
eines Karl Y. sollte nicht in seinem Enkel Karl III. (VI.) aufs neue
erstehen. Das europäische Gleichgewicht mußte erhalten bleiben, unb
darum sollte er als Erbe der österreichischen Besitzungen und der deutschen
Kaiserwürde die Monarchie Spanien nicht ungeteilt besitzen.
Ein Zweites kam Frankreich zu statten. In England hatten
politische Parteibestrebungen, noch mehr eine Hofintrigue den Herzog
Marlborough wie seine Gemahlin in Ungnade fallen lassen, obgleich
diese bis dahin die Freundin der regierenden Königin Anna gewesen
war. Der Königin war deshalb daran gelegen, dem Herzog die
Führung eines Heeres zu nehmen. Sie unterhandelte darum heimlich
mit Frankreich, und im Frühling des Jahres 1712 kamen die beider¬
seitigen Gesandten in Utrecht zusammen, den Frieden einzuleiten, der
bort im folgenden Jahre zwischen Frankreich und den kriegführenden
Mächten geschlossen wurde (1713), ausgenommen von Kaiser und Reich.
Danach hatte Ludwig XIV. die Genugthuung, daß sein Enkel Philipp V.
Spanien und Indien erhielt, doch mit der besonderen Klausel, daß
Frankreich und Spanien niemals zu einer Herrschaft vereinigt werden
dürften.
England behielt das eroberte feste Gibraltar an Spaniens Süd¬
spitze nebst der Insel Minorka und Neuschottland in Amerika. Der
Herzog von Savoyen erhielt mit dem Königstitel Sizilien, das sieben
Jahre später mit Sardinien vertauscht wurde. Den Holländern wurden
mehrere Festungen längs der französischen Grenze zugesprochen; aber
die spanischen Niederlande, auch die spanischen Besitzungen in Italien,
Neapel, Mailand und Sardinien sollte der deutsche Kaiser haben. Da¬
mit nicht zufrieden, fetzte dieser den Krieg noch eine Zeit laug fort,
mußte sich aber endlich auch zum Frieden bequemen, der zu Rostock
abgeschlossen wurde (7. März 1714). Darnach nahm er als Karl VI.
von Deutschland den ihm zugesprochenen Teil der spanischen Monarchie
an, und war somit nach so viel Blutvergießen die Teilung derselben
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