Dritte Abtheilung.
Dichtungen.
73. vsr Hänfling.
1. Ein Hänfling, den der erste Flug
Aus seiner Eltern Neste trug,
Hub an die Wälder zu beschauen
Und kriegte Lust, sich anzubauen.
Ein edler Trieb: denn eigner Herd
Ist, sagt das Sprüchwort, Goldes werth.
2. Die stolze Gluth der jungen Brust
Macht ihm zu einem Eichbaum Lust.
„Hier wohn' ich," sprach er, „wie ein König
Dergleichen Nester giebt es wenig!"
Kaum stand das Nest, so ward’s verheert
Und durch den Donnerstrahl verzehrt.
3. Es war ein Glück bei der Gefahr,
Dass unser Hänfling auswärts war.
Er kam, nachdem es ausgewittert,
Und fand die Eiche halb zersplittert.
Da sah er mit Bestürzung ein,
Er könne hier nicht sicher sein.
4. Mit umgekehrtem Eigensinn
Begab er sich zur Erde hin
Und baut in niedriges Gesträuche,
So scheu macht’ ihn der Fall der Eiche.
Doch Staub und Würmer zwangen ihn,
Zum andern Mal davon zu ziehn.
5. Da baut’ er sich das dritte Haus
Und las ein dunkles Büschchen aus,
Wo er den Wolken nicht so nahe,
Doch nicht die Erde vor sich sahe,
Ein Ort, der in der Ruhe liegt;
Da lebt er noch und ist vergnügt.
Lüben und Nacke, Lesebuch. V.
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