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fürchtete, machte mit Wittich Brüderschaft, doch ohne seinen wahren Namen zu
nennen.
Gemeinsam ritten die Helden vermittels einer Furt durch den
Strom und gelangten zu einem zweiten großen Strom. Zwar führte
eine Steinbrücke hinüber, aber zwölf starke Räuber forderten, in
einer Burg hausend, von jedem als Zoll Waffen und Roß. Bisher war
es Dietrich noch nicht gelungen, diese Räuberburg zu brechen. Wittich sprengte,
vorausreitend, auf die Brücke. Die Räuber eilten entgegen und verlangten
des Helden Schild. Den brauche er selbst, antwortete dieser. Man zog die
Schwerter, nach kurzer Zeit schon waren sieben Räuber niedergestreckt, die übri¬
gen flohen. Nun ritten die Helden zur Burg, wo sie übernachteten. Der treue
Hildebrand war seit Wittichs glänzender Waffentat noch besorgter um seinen
Herrn. Daher vertauschte er listig Wittichs Schwertklinge mit der seinen.
Am Morgen ritten alle weiter, nachdem die Berner sich zu erkennen gegeben
hatten und die Räuberburg niedergebrannt war. Eine dritte Brücke, welche
sie erreichten, zwischen zwei Felsen gelegen, war von den entflohenen fünf
Räubern zerstört. Da sprangen Wittichs Hengst Schemming und Heimes
R i s p a, ein Bruder Schemmings, von Fels zu Fels über den Strom, die
übrigen. Recken kamen schwimmend hinüber. Mit Hilfe Hornboges tötete
Wittich auch diese Räuber. Am nächsten Tage kamen sie nach Bern. Dietrich,
erziirnt über die kecke Herausforderung dieses Unbekannten zum Zweikampf,
wappnete sich schnell. Nach dem ersten Gang, dem Speerstechen zu Pferde,
kämpften sie zu Fuß mit dem Schwerte. Da zerbrach Wittichs Schwertklinge
auf Dietrichs Helm. Rasch wollte Dietrich ihm das Haupt abschlagen, aber
Hildebrand bat für Dietrichs tapferen Gegner um Schonung. Als Dietrich
seine Bitte zornig abwies, gab Hildebrand Wittich den echten Mimung wieder,
und nun kam der Berner so in Not, indem er durch des Gegners Schwerthieb
die obere Hälfte seines Helmes und einige Locken vom Haar verlor, daß
Hildebrand zwischen die Kämpfenden springen und den Streit schlichten
mußte. Dietrich und Wittich versöhnten sich und wurden Waffengenossen.
138. Der Schivanriktrr.
Nach den Brüdern Grimm. Deutsche Sagen. 1816. und Ferd. B ü ß l e r. Sagen aus
der Geschichte des deutschen Volkes. 1875.
Der Herzog Gottfried von Brabant war gestorben, ohne andere
Leibeserben zu hinterlassen als eine junge Tochter mit Namen Elsam.
Er hatte sie auf den: Sterbebette dem Schutz eines seiner wackersten Dienst-
mannett, Friedrich von Telramund, empfohlen. Dieser aber wagte
es, um Hand und Land der jungen Herzogin zu werben, und da sie sich
standhaft weigerte, verklagte er sie bei dem Kaiser Heinrich dem Vogler unter
dem Vorgeben, Elsam habe ihm die Ehe gelobt. Da nun die Sache nicht
anders sich schlichten ließ, wurde Recht gesprochen, daß Elsam sich im Gottes-
Lehmann, Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten, HI. Teil. 11