Full text: Deutsches Lesebuch für die Bedürfnisse katholischer Volksschulen

25. Bestandteile der atmosphärischen Luft. 
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als dies gewöhnlich der Fall ist, sondern die Ursache lag darin, daß ihr andere 
Stoffe beigemischt waren. Diese Thatsache ist nach zwei Seiten hin ebenso 
interessant als wichtig. 
Wir erinnern uns, wie leicht es uns 
um das Herz und wie wohl uns zumute 
wurde, wenn wir an einem warmen, sonnigen 
Sommertage in einen Laubwald traten. Die 
Ursache dieses angenehmen Gefühls war der 
Sauerstoff, welcher sich bei dem Sonnen— 
schein aus den Blättern der Bäume ent— 
wickelt. Tiere, welche man eine Zeit in 
reinem Sauerstoffgase atmen ließ, ver— 
rieten eine auffällige Munterkeit; jede ihrer 
Bewegungen zeugte, wie behaglich es ihnen 
in ihrem Elemente war. Ja, warum ist 
denn da die Luft aus vier Teilen Stick— 
stoff und nur einem Teile Sauerstoff ge— 
mengt? Denselben Dienst, welchen der 
Hemmschuh dem bergeinfahrenden Wagen 
leistet, verrichtet der Stickstoff beim Atmen; er hält das Leben in seinem 
Laufe auf, ohne ihn würde sich dasselbe überstürzen und ein zu rasches Ende 
nehmen. Wäre das Verhältnis in der Mischung des Sauerstoffs und Stick— 
stoffs zur atmosphärischen Luft umgekehrt, so würde kein Mensch mehr an 
Allersschwäche sterben. Lungen-Entzündung würde die Krankheit sein, an 
welcher wir alle bis zu unserm frühzeitigen Tod leiden müßten. Der ein— 
geatmete Sauerstoff verbindet sich nämlich mit dem Kohlenstoffe, welchen er 
in unserem Körper vorfindet. Diese Verbindung ist die Ursache von der 
Wärme, welche unserem Leibe eigentümlich ist, und der Prozeß selbst, welcher 
hierbei stattfindet, ist am treffendsten mit einer langsamen Verbrennung zu 
vergleichen, jeder Atemzug aber mit einem Scheitchen Holz oder mit einem 
Stuckchen Kohle, welches das Feuer im Brennen erhält. Ameten wir aber 
statt des einen Teiles vier Teile Sauerstoff ein, so würde sich die Wärme 
und mit ihr die Lebensthätigkeit um das Vierfache steigern, aber eben darum 
würde das Leben viermal rascher verlaufen, als es jetzt geschieht 
Wir haben bisher immer mit besonderem Nachdruck hervorgehoben, daß 
die atmosphärische Luft ein Gemenge aus Sauerstoff und Stickstoff, eine 
Mischung dieser zwei Luftarten, aber keine chemische Verbindung ist. Dieser 
Unterschied will folgendes besagen: Wohl findet zwischen den Sauerstoff und 
den Stickstoff Atomen eine gegenseitige Anziehung statt; denn sonst könnte 
überhaupt ein gleichmäßiges Durcheinander nicht entstehen; aber bei dieser 
Anziehung ändert sich weder die Natur des Sauerstoffs, noch des Stickhstoffs, 
jede Gasart behält ihre Eigenschaften und bleibt nach der Mischung mit der 
aͤndern, was und wie sie vor der Mischung war. Anders verhält sich die 
Sache bei der chemischen Verbindung. Aus Sauerstoff und Wasserstoffgas 
entsleht bei der Verbrennung des letzteren Wasser. Hierbei hat sich die Natur 
Alexander v. Humboldt.
	        
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