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10. Der Ring des Polykrates. 11. Lebensregeln. 12. Sprichwoͤrter.
16. Sein Mund ward stumm, sein Arm ward schwer,
im Tode stand sein Herz;
nicht: Amen konnt' er sprechen mehr,
das war sein letzter Schmerz.
17. Doch die Litauer warfen die Renner herum,
kein Streit mehr lüstete sie.
Gerettet war das Heiligtum
durch des Ritters: Ave Marie.
18. Gott geb' ihm droben
aufs tosende Schlachtgetümmel!
Wer so auf Erden gebetet hat,
mag Amen sagen im Himmel.
E. Geibel.
10. »Der Ring des Polykrates.
Luk. 16,9. Machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon.
1. Der glückliche Polykrates,
bang vor der Götter Neid,
hat seinen besten Fingerring
dem Ozean geweiht.
2. Und doch — versühnen kann er nicht
das zürnende Geschick,
ihm giebt das Meer in Fischesmund
sein Opfergeld zurück.
3. Du, weiser als der Griechenfürst,
nicht in die öde Flut,
ins arme Volk, ins Menschenmeer
wirf deines Danks Tribut.
4. So zahlst du dem gestrengen Glück
den rechten Zins und Zoll
und kehrst in Dank und Segen dir
der Brüder Neid und Groll.
Gerok.
II. »Lebensregelu.
. Auswendiglernen sei, mein Sohn, dir eine Pflicht;
versäume nur dabei inwendiglernen nicht.
Auswendig ist gelernt, was dir vom Munde fliebt;
inwendig, was im Sinn lebendig sich erschliebt.
2. Kind, lerne zweierlei, so wirst du nicht verderben:
Zum ersten lerne was, um etwas zu erwerben;
zum andern lerne das, was niemand dich kann lehren·
Gern das, was du nicht kannst erwerben, zu entbehren.
3. Das Unkraut ausgerauft, wächst eben immer wieder,
und immer kämpfen mubt du neu das Böse nieder.
Wie du mubt jeden Tag neu waschen deine Glieder,
so die Gedanken auch an jedem Tage wieder.
Rückert.
12. Sprichwörter.
Frohsinn, Mäßigkeit und Ruh' schließen dem Arzt die Thüre
zu. —. Früh auf und späte nieder bringt verlorene Güter wieder.
Stiller Mund und treue Hand gelten viel in jedem Land. —