Full text: [Abteilung 6 = Für Unter-Sekunda, [Schülerband]] (Abteilung 6 = Für Unter-Sekunda, [Schülerband])

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I. Geschichtliche Darstellungen. 
nete er sich den Schweiß von der Stirn ab. „Er ist ein Kind des 
Todes!" sage ich und schenk' ihm ein. „Da, trink Er und reit Er! 
Wohl mag's Ihm bekommen!" — „Noch eins!" spricht der Kerl, 
während die Schüsse schon von allen Seiten ins Dorf prasseln. Ich 
sage: „Noch eins? Plagt Ihn —?" — „Noch eins!" spricht er und 
streckt mir das Glas hin. „And gut gemessen!" seht er hinzu, und 
wischt sich den Bart, „denn es wird bar bezahlt." — „Ei, mein' Seel', 
so wollt' ich doch, daß Ihn — Da!" sag' ich und schenk' ihm noch, 
wie er verlangt, ein zweites und schenke ihm, da er getrunken, noch ein 
drittes ein und frage: „Ist Er nun zufrieden?" — „Er ist gut!" 
schüttelt sich der Kerl. „Na," spricht er und seht sich den Pelm auf, 
„was bin ich schuldig?" — „Nichts, nichts," versetz' ich. „Pack' Er 
sich in Teufels Namen! Die Franzosen ziehen augenblicklich ins Dorf." 
— „Na!" sagt er, während er in seinen Stiefel greift, „so soll Ihm 
Gott lohnen!" und holt aus dem Stiefel einen Pfeifenstummel hervor 
und spricht, nachdem er den Kopf ausgeblasen: „Schaff' Er mir Feuer!" 
— „Feuer?" sag' ich, „plagt Ihn —?" — „Feuer, ja!" spricht er; 
„ich will mir eine Pfeife anmachen!" — „Ei, den Kerl—! Pe, Life!" 
ruf' ich das Mädchen, und während sich der Kerl die Pfeife stopft, 
schafft sie ihm Feuer. „Na," sagt er, die Pfeife, die er sich ange- 
schmaucht, im Munde, „nun sollen doch die Franzosen die Schwerenot 
kriegen!" Während er sich den Pelm in die Augen drückt und zum 
Zügel greift, wendet er das Pferd und zieht vom Leder. „Ein Mords¬ 
kerl!" sag' ich, „ein verwetterter Galgenstrick! Will Er sich in Penkers 
Namen scheren, wo Er hingehört! Drei Chasseurs — sieht Er nicht? — 
halten ja schon vor dem Tore!" — „Ei was!" spricht er und faßt die 
drei Kerls blinzend ins Auge, „wenn ihrer zehn wären, ich fürchte mich 
nicht!" In dem Augenblicke reiten auch die drei Franzosen schon ins 
Dorf. „Purra!" ruft der Kerl, gibt seinem Pferde die Sporen und 
sprengt auf sie ein, sprengt, so wahr Gott lebt, auf sie ein und greift 
sie an, als ob er das ganze Pohenlohesche Korps hinter sich hätte, der¬ 
gestalt, daß die Chasseurs, ungewiß, ob nicht noch mehr Deutsche im 
Dorfe sein mögen, einen Augenblick stutzen. Er, mein Seel'! haut, 
ehe man noch eine Pand umkehrt, alle drei vom Sattel, greift die 
Pferde, die auf dem Platze herumlaufen, auf, sprengt damit bei mir 
vorbei und ruft „Purra!" und „Sieht Er wohl, Perr Wirt!" und 
„Adies!" und „Auf Wiedersehen!" und „Poho, hoho, hoho!" — „So 
einen Kerl," sprach der Wirt, „hab' ich zeit meines Lebens nicht ge¬ 
sehen!"
	        
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