Full text: [Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 4 = Für Unter-Tertia, [Schülerband])

Grün: Der letzte Ritter. 
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4. Es wallten nun die beiden die Straßen ein und aus; 
Dort auf dem großen Marktplatz sahn sie ein stattlich Haus, 
Da rief der Kunz: „Mein König, schließt Eure Augen schnell! 
Denn, traun, schon las manch einer sich blind an dieser Stell'. 
5. Französisch ist's; Ihr wißt ja, wie's Frankreichs Söhne treiben, 
Die anders schreiben als sprechen und anders lesen als schreiben, 
Und anders sprechen als denken und anders setzen als singen, 
Die groß in allem Kleinen und klein in großen Dingen." 
6. Ein Rittersmann aus Frankreich wohnt in dem stolzen Haus; 
Sein Wappenschild, hell glänzend, hängt hoch zur Pfort' heraus, 
Mit Schnörkelzügen zierlich in blankem Goldesschein 
Schrieb rings er diese Worte ums bunte Wappen ein: 
7. „Erst Gott zum Gruß, wer's liefet! — Auf, Deutscher, kühn und wert, 
Hier harrt ein Schild des deinen, wenn kampfesfroh dein Schwert, 
Und magst du mich bezwingen nach Ritterbrauch und Recht, 
Will ich mich dir verdingen als letzter Rüdenknecht." 
8. Stumm schritt der König fürder; doch an des Ritters Schild 
Hängt bald ein Edelknappe der Habsburg Wappenbild, 
Und mit dem Frührot harrend aus sand'gem Kampfesrund 
Der König gegenüber dem fränk'schen Ritter stund. 
9. Und höher stieg die Sonne; der Franzmann lag im Sand, 
Das Siegesschwert hell leuchtend ragt hoch in Maxens Hand. 
„So schlägt ein deutscher Ritter!" er sprach's und stand verklärt, 
Wie Sankt Michael der Sieger mit seinem Flammenschwert. 
10. „Ihr habt Euch mir ergeben als letzter Rüdenknecht; 
Wohlan, Ihr sollt erfahren nun meines Amtes Recht!" 
Sein Schwert nun schwang er dreimal: „Steht auf, mein Ritter wert! 
So schlägt ein deutscher König — seid brav wie Euer Schwert!" 
11. Singt's allem Land, ihr Sänger, des Fürsten That und Wort; 
Neigt euer Schwert, ihr Ritter, vor eures Kaisers Hort; 
Bekränzt des Siegers Schläfe, ihr schönsten deutschen Frau'n; 
Jauchzt auf, ihr deutschen Herzen, in allen deutschen Gau'n! — 
12. Viel saft'ge Trauben schwellen ringsher um Worms am Rhein, 
„Milch unsrer lieben Frauen," so heißt dort jener Wein; 
Saugt jene Milch, ihr Greise, sie macht euch wieder zum Kind; 
£> Herr, gieb unsrem Lande viel Milch so süß und lind!
	        
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