Full text: [[Band 2] = Mittlere Classen, [Schülerband]] ([Band 2] = Mittlere Classen, [Schülerband])

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6. Da hub er an zu schelten: 
„Treff' ich den Nachbar hie? 
Zu Hause weilt er feiten, 
Zu Hofe kommt er nie: 
Man muß im Walde streifen, 
Wenn man ihn sahen will: 
Man muß ihn tapfer greifen, 
Sonst hält er nirgends still." 
7. Als drauf ohn' alle Fährde 
Der Graf sich niederließ 
Und neben in die Erde 
Die Jägerstange stieß, 
Da griff mit beiden Händen 
Der Kaiser nach dem Schaft: 
„Den Spieß muß ich mir pfänden; 
Ich nehm' ihn mir zur Haft. 
8. Der Spieß ist mir verfangen, 
Des ich so lang' begehrt; 
Du sollst dafür empfangen 
Hier dieß mein bestes Pferd. 
Nicht schweifen im Gewälde 
Darf mir ein solcher Mann, 
Der mir zu Hof und Felde 
Biel beßer dienen kann." 
9. „Herr Kaiser, wollt vergeben! 
Ihr macht das Herz mir schwer. 
Laßt mir mein freies Leben 
Und laßt mir meinen Speer! 
Ein Pferd hab' ich schon eigen, 
Für Eures sag ich Dank: 
Zu Rosse will ich steigen, 
Bin ich 'mal alt und krank." 
10. „Mit dir ist nicht zu streiten. 
Du bist mir allzu stolz. 
Doch führst du an der Seiten 
Ein Trinkgefäß von Holz: 
Nun macht die Jagd mich dürsten, 
Trum thu' mir das, Gesell, 
Und gib mir eins zu bürsten 
Aus diesem Waßerquell!" 
11. Der Graf hat sich erhoben; 
Er schwenkt den Becher klar, 
Er füllt ihn an bis oben, 
Hält ihn dem Kaiser dar. 
Der schlürft mit vollen Zügen 
Den kühlen Trank hinein 
Und zeigt ein solch Vergnügen, 
Als wär's der beste Wein. 
12. Dann faßt der schlaue Zecher 
Den Grafen bei der Hand; 
„Du schwenktest mir den Becher 
Und fülltest ihn zum Rand, 
Du hieltest mir zum Munde 
Das labende Getränk: 
Du bist von dieser Stunde 
Des deutschen Reiches Schenk." 
U h l a n b-.. 
50. Graf Eberhard der Rauschebart. 
i. 
Der Ueberfall im Wildbad. 
1. In schönen Sommertagen, wann lau die Lüfte wehn. 
Die Wälder lustig grünen, die Gärten blühend stehn, 
Da ritt aus Stuttgarts Thoren ein Held von stolzer Art, 
Graf Eberhard der Greiner, der alte Rauschebart.
	        
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