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damaligen Auffassung eben nichts anderes als Verfolgung des
persönlichen Interesses, und so war das durchaus erlaubte Ver¬
hältnis der Klientel ein natürliches politisches Bündnis zwischen
Kleinen und Großen. Der Patron sorgte durch seine Erfolge
im großen für das Auskommen der zahlreichen kleinen Existenzen,
welche sich ihm anvertraut, und da erforderte es schon die poli¬
tische Klugheit, seine Ziele nach Möglichkeit zu fördern. Aber mit
den Klientengeldern waren die Einnahmen des Proletariats noch
nicht erschöpft. Die ehrgeizigen, oder vielmehr die gewinnsüchtigen
Streber mußten es sich auch etwas kosten lassen, wenn sie den
Senatssitz und die noch ergiebigeren Provinzialstatthalterposten,
in späterer Zeit den Wirkungskreis der abtretenden Konsuln und
Prätoren, für sich erringen wollten. Da mußte schon mit ganz
anderen Mitteln gearbeitet werden als mit der Klientel, welche
sich doch bestenfalls auf ein paar Dutzend Existenzen erstrecken
konnte. Sollte die politische Laufbahn eines römischen Aristo¬
kraten ihren würdigen und einträglichen Abschluß erhalten, so war
Bestechung fast unumgänglich. Die Anzahl der Stellen war im
Verhältnisse zu der der Bewerber doch recht beschränkt. Wenn
auch durch gesetzliche Vorschriften über Mindestalter, Wiederholung
und Zwischenzeiten die Konkurrenz bis zu einem gewissen Grade
beschränkt war, so blieben doch noch Anwärter genug, so daß
der Wahlkampf oft in einen Wettlauf um die Gunst des Prole¬
tariats ausartete, während politische Meinungsverschiedenheiten
unter den Nebenbuhlern kaum in Betracht kamen. Gesetzliche Ma߬
nahmen sind gegen diese Bestechungen oft versucht worden, aber
niemals erwiesen sie sich als wirksam; lag ja doch ihre Aus¬
führung in den Händen von Leuten, welche selbst ihre maßgebenden
Stellungen solchen Machenschaften verdankten. Große Massenab¬
fütterungen, Kornverteilungen, Mietserlasse und, zur Befriedigung
des Unterhaltungstriebes, glanzvolle Spiele, das waren die schier
unvermeidlichen Hebel bei politischen Wahlen. Welche Ausbrei¬
tung dieses System erreichte, das lehren uns die zahlreichen po¬
litischen Prozesse wegen Amtserschleichung und wegen Bildung
von diesem Zwecke dienenden, natürlich durch das Gesetz verbotenen
Vereinen. Diese Prozesse spielen sich wohlgemerkt zumeist inner¬
halb derselben Partei ab, sie werden von den unglücklichen Be¬
werbern gegen ihre glücklicheren Rivalen als das letzte Mittel