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Wie sehr übrigens der Graf alles falsche Ceremoniell abgelehnt,
keinen Titel, der ihm nicht gebührte, jemals angenommen, und wie er in
seinen heitern Stunden immer geistreich gewesen, davon soll eine kleine
Begebenheit ein Zeugnis ablegen.
Ein vornehmer Mann, der aber auch unter die abstrusen, einsamen
Frankfurter gehörte, glaubte sich über seine Einquartierung beklagen zu
müssen. Er kam persönlich, und der Dolmetsch bot ihm seine Dienste an;
jener aber meinte, derselben nicht zu bedürfen. Er trat vor den Grafen
mit einer anständigen Verbeugung und sagte: „Excellenz!" Der Graf gab
ihm die Verbeugung zurück, so wie die Excellenz.
Betroffen von dieser Ehrenbezeugung, nicht anders glaubend, als
der Titel sei zu gering, bückte er sich tiefer und sagte: „Monseigneur!"
„Mein Herr!" sagte der Graf ganz ernsthaft: „wir wollen nicht
weiter gehen, denn sonst könnten wir es leicht bis zur Majestät bringen."
Der andere war äußerst verlegen und wußte kein Wort zu sagen.
Der Dolmetsch, in einiger Entfernung stehend und von der ganzen Sache
unterrichtet, war boshaft genug, sich nicht zu rühren; der Graf aber,
mit großer Heiterkeit, fuhr fort: „Zum Beispiel, mein Herr, wie heißen Sie?"
„Spangenberg," versetzte jener..
„Und ich," sagte der Graf, „heiße Thorane. Spangenberg, was
wollt ihr von Thorane? Und nun setzen wir uns! die Sache soll gleich
abgethan sein."
Und so wurde die Sache auch gleich zu großer Zufriedenheit des¬
jenigen abgethan, den ich hier Spangenberg genaimt habe, und die Ge¬
schichte noch an selbigem Abend von dem schadenfrohen Dolmetsch in
unserm Familienkreise nicht nur erzählt, sondern mit allen Umständen
und Gebärden aufgeführt.
ct) Die Krönung Josephs II. zum Römischen König (aus I, 5).
Der Krönnngstag brach endlich an, den dritten April 1764; das
Wetter war günstig, und alle Menschen in Bewegung. Man hatte mir nebst
mehrern Verwandten und Freunden in dem Römer selbst, in einer der
obern Etagen, einen guten Platz angewiesen, wo wir das Ganze voll¬
kommen übersehen konnten. Mit dem Frühesten begaben wir uns an Ort
und Stelle und beschauten nunmehr von oben, wie in der Vogelperspektive,
die Anstalten, die wir tags vorher in nähern Augenschein genommen
hatten. Da war der neuerrichtete Springbrunnen mit zwei großen Kufen
rechts und links, in welche der Doppeladler auf dem Ständer weißen
Wein hüben und roten Wein drüben aus seinen zwei Schnäbeln ans¬
gießen sollte. Aufgeschüttet zu einem Haufen lag dort der Haber, hier
stand die große Bretterhütte, in der man schon einige Tage den ganzen
fetten Ochsen an einem ungeheuren Spieße bei Kohlenfeuer braten und
schmoren sah. Alle Zugänge, die vom Römer aus dahin und von andern
Straßen nach dem Römer führen, waren zu beiden Seiten durch Schranken
und Wachen gesichert. Der große Platz füllte sich nach und nach, und das
Wogen und Drängen ward immer stärker und bewegter, weil die Menge
wo möglich immer nach der Gegend hinstrebte, wo ein neuer Auftritt
erschien und etwas Besonderes angekündigt wurde.