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Aus der Länder- und Volkerkunde.
41. Dresden.
1.
Inmitten des lachenden Thalkessels, zu welchem sich das Elbthal
von Pirna bis Meißen erweitert, und welcher auf beiden Ufern von
zwei im wesentlichen aus Granit und Syenit bestehenden Höhenzügen
eingefaßt wird, liegt Dresden, Sachsens Haupt⸗ und Residenzstadt, nicht
bloß ausgezeichnet durch seine unvergleichliche Lage in einer der schönsten
Gegenden Deutschlands, sondern auch reich an denkwürdigen und herrlichen
Bauwerken.
Ursprünglich war Dresden, dessen die Urkunden erst seit Anfang
des 13. Jahrhunderts Erwähnung thun, nichts als ein sorbisches Dorf
am Saume des Waldes, von dem es auch seinen Namen erhielt; denn
Dresden bedeutet „Waldsassen“. Die älteste Ansiedelung war auf dem
bewaldeten rechten Elbufer, von dort erst wandte sich ein Teil der Ein—
wohner nach dem linken, um sich hier eine neue Heimstätte zu gründen.
Nach der Erzählung der Chronisten trieb die Gefahr häufiger Über⸗
schwemmungen die Leute auf die linke Seite, wo ein Hügel, der Taschen⸗
berg, ihnen mehr Sicherheit verhieß; vielleicht lockten auch günstigere
Fischereiverhältnisse. Der älteste Teil von Dresden ist also gerade der—
jenige, welcher jetzt Neustadt heißt. Der jüngere, linkselbische Teil ent—
wickelte sich viel schneller als der ältere; denn während wir jenen, Neu—
Dresden, gleich bei seinem Eintritte in die Geschichte als Stadt kennen
lernen, wird dieser, Alt- oder Alten-⸗Dresden, erst 1403 zur Stadt erhoben.
Man gebrauchte bald gar nicht mehr den Namen Neu⸗Dresden, sondern
nannte die Stadt auf dem linken Ufer schlechtweg Dresden.
Eine größere Bedeutung erlangte Dresden erst, als die Markgrafen
von Meißen es zu ihrer Residenz erhoben. Das geschah, nachdem hier
schon zeitweilig das Hoflager aufgeschlagen worden war, im Jahre 1274,
wo Markgraf Heinrich der Erlauchte, einer der gebildetsten und reichsten
Fürsten seiner Zeit, hier seinen ständigen Wohnsitz nahm. Unter ihm
wurde auch die steinerne Elbbrücke vollendet, deren Bau wohl unter
Markgraf Dietrich dem Bedrängten begonnen worden war. Dresden wuchs
nun, machte aber in seinem Äußern keineswegs einen freundlichen Ein—
druck. Die Häuser waren niedrig und aus Holz gebaut, den Sandstein
der Sächsischen Schweiz verwendete man nur ausnahmsweise. Wenn ein
Brand ausbrach, so geschah es leicht, daß er ganze Straßen und Stadt—
teile in Asche legte; so vernichtete der große Brand im Jahre 1491 mehr
als die Hälfte der Stadt. Von Mauer und Graben eingeschlossen, wurde
sie damals von der Weißeritz und dem Kaitzbache und im Süden von
mehreren Seen begrenzt, zu denen die Seegasse führte. Eine ganz andere