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VIII. Briefe.
Aber der nahe Anteil, den ein allzuparteiisches Wohlwollen für
mich an Ihrer großmütigen Entschließung hat, der Vorzug, den Sie
vor so vielen anderen mir erteilen, mich als das Werkzeug Ihrer
schönen Absicht zu denken, die Güte, mit der Sie zu den kleinen Be¬
dürfnissen eines Ihnen so fremden Weltbürgers herabsteigen, legen mir
gegen Sie die persönlichen Pflichten auf und mischen in meine Ehr¬
furcht und Bewunderung die Gefühle der innigsten Liebe. Wie stolz
machen Sie mich, daß Sie meiner in einem Bunde gedenken, den der
edelste aller Zwecke heiligt, den der Enthusiasmus fürs Gute, fürs Große
und Schöne geknüpft hat. Aber wie weit ist die Begeisterung, welche
in Taten sich äußert, über diejenige erhaben, die sich darauf einschränken
muß, zu Taten geweckt zu haben. Wahrheit und Tugend mit der
siegenden Kraft auszurüsten, wodurch sie Lerzen sich unterwürfig machen,
ist alles, was der Philosoph und der darstellende Künstler vermögen —
wieviel anders ist's, die Ideale von beiden in einem schönen Leben zu
realisieren! Ich muß Ihnen hier mit den Worten des Fi es ko ant¬
worten, womit er den Stolz eines Künstlers abfertigt: „Sie haben
getan, was ich nur malen konnte!"
Aber wenn ich es auch vergessen könnte, daß ich selbst der Gegen¬
stand Ihrer Güte bin, daß ich Ihnen die schöne Aussicht zur Vollendung
meiner Entwürfe verdanke, so würde dennoch in mir eine Verbindlich¬
keit von sehr hoher Art gegen Sie übrig bleiben. Eine Erscheinung,
wie Sie mir waren, richtet den Glauben an reine und edle Menschheit
wieder auf, den so zahlreiche Beispiele vom Gegenteil in der wirkliche^
Welt niederschlagen. Unaussprechliche Wollust ist es für den Maler
der Menschheit, im wirklichen Leben aus Züge des ganzen Bildes zu
treffen, das sich in seinem Innern verklären und seinen Schilderungen
zugrunde liegen muß. Aber ich fühle, wieviel ich durch Übernahme
der großen Verbindlichkeit verliere, die Sie mir auferlegen. Ich ver¬
liere durch sie die süße Freiheit, meiner Bewunderung Sprache zu geben
und eine so uneigennützig schöne Handlungsart mit gleich uneigennützigen!
Gefühl zu verherrlichen.
Die Möglichkeit, Ihnen denjenigen in Person darzustellen, den
Sie sich so tief verpflichtet haben, wird das Werk Ihrer großmütigen
Unterstützung sein.
In dieser schönen Zukunft zu leben und mit seinen Wünschen und
Träumen diesem Zeitpunkt voran zu eilen, wird bis dahin die liebste
Beschäftigung sein
Ihres tief verpflichteten und ewig dankbaren
Friedrich Schiller.