Object: Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen

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36) Die Pflanzen vermehren sich theils durch Sa amen, 
theils durch Knospen (Augen). Zu der letzten Art gehört 
die Vermehrung durch Wurzelausläufer, durch Stecklinge oder 
Fechser, durch Aufsetzen von Reisern oder Augen (Pfropfen, 
Kopuliren, Okuliren u. s. w.), durch Brutzwiebeln oder Knollen, 
mögen die letztern an dem Wurzelstock (Kartoffeln) oder in den 
Blattwinkeln (Feuerlilie) oder zwischen den Blüthenstielen (bei 
manchen Zwiebelarten) entstanden sein. (Es gilt hierbei die 
Regel: Der Saame pflanzt die Art, die Knospe die 
jedesmalige Pflanze fort. Daher erhält man z. B. bei 
Obstarten oder Kartoffelsorten durch Veredeln oder durch Legen 
von Knollen dieselbe bestimmte Sorte wieder, nicht aber durch 
den Saamen). 
37) Der Saame bildet sich in der Blüthe. Tie Blüthe 
sitzt auf dem Blüthenstiel, der jedoch häusig sehr kurz ist 
oder fehlt. Sie befiehl aus 1) dem Kelch, 2) der Blumen¬ 
krone, 3) den Staubgefäßen, 4) dem Stempel. Der Kelch 
ist die äußere, die Blumenkrone die innere Blattreihe der 
Blüthe, ersterer gewöhnlich grün, letztere gewöhnlich bunr gefärbt. 
Wo Kelch und Blumenkrone zusammen vorhanden finb, heißt die 
Blüthe vollständig (Kirschblüthen, Schlüsselblume); wo eins 
(Tulpe, Maiblume) oder beide (Esche) fehlen, unvollständig. 
Das vorhandene ist dann öfters eine bloße Schuppe (z. B. 
an den Weidenblüthen). — Sowohl Kelch als Blumeukrone sind 
entweder ein- oder mehrblätterig. Die Blumenkrone ist 
regelmäßig, wenn die Abschnitte oder einzelnen Blättchen 
derselben entweder alle, oder abwechsend (Akelei) gleich sind; 
oder unregelmäßig, wenn sie an Größe und Gestalt verschie¬ 
den sind (z. B. taube Nessel, Stiefmütterchen, Erbsenblüthe). 
— Die Staub gefäße bestehen aus drm Faden, devi Staub¬ 
beutel und dem darin enthaltenen Blüthenstaub. Der Faden 
kann fehlen. — Der Stempel besteht aus dem Fruchtknoten, 
dem Griffel und der Narbe. Der Fruchtknoten sitzt entweder 
in (Mohn, Tulpe) oder unter (Märzglöckchen) der Blüthe; 
aus ihm entsteht, indem er fortwächst und sich ausbildet, die 
Frucht. Der Griffel ist ein dünner, kürzerer oder längerer 
Theil auf dem Fruchtknoten, sein oberstes Ende ist die Narbe. 
Der Griffel kann fehlen, und daun sitzt die Narbe unmittelbar 
auf dem Fruchtknoten (z. B. Mohn). 
38) Eine Blüthe, welche zugleich Stempel und Staub¬ 
gefäße enthält, heißt eine Zwitterblüthe; die blos Staub¬ 
gefäße enthält, eine männliche (gewöhnlich taube oder falsche 
Blüthen genannt, z. B. bei den Gurken, Kürbissen rc.); die 
blos Stempel enthält, eine weibliche.
	        
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