Full text: Gedichtsammlung aus den letzten 150 Jahren deutscher Dichtung (Teil 3, [Schülerband])

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Hebbel. 
Es scheint zwar bunt, doch wiederholt sich's 
nur, 
Die Tage sind wie Blumen auf der Flur: 
Der Farbenwechsel täuscht zwar kurze Zeit, 
Dann kennt man sie für alle Ewigkeit. 
3. Das Werk ist wohlgeraten! Tritt heran, 
O Bildner, daß ich dich belohnen kann! 
Den Preis enipfingst du, Silber oder Gold, 
Ich weiß nicht was, so viel du selbst gewollt, 
Doch hast du Rätsel in den Stein gehaun: 
Ich will zum Dank dir jetzt den Sinn ver¬ 
traun. 
4. Siehst du den Jüngling, der die Säcke 
trägt? 
Und auch den krausen Mohren, der ihn schlägt? 
Wer mag's wohl sein, den hier die Peitsche 
traf? 
Ich bin es selbst! mein Vater war ein Sklav'. 
Du staunst darob ? So lehre dich mein Ruhm: 
Ein Kaiser findet stets sein Kaisertum! 
5. Da ist er wieder! Aber auf der Flucht! 
Verfolgt von Häschern grimmig und verrucht. 
Er tötete den Vogt in raschem Zorn 
Und schüttete umsonst auf ihn sein Korn; 
Doch war's ein Glück für ihn: er eilt zum Heer, 
Man reiht ihn ein, und keiner straft ihn mehr. 
6. Nun Schlacht auf Schlacht, bis jene 
letzte kam, 
Die Rom den Herrn und mir den Führer nahm. 
Ich rächt' ihn, da erscholl ein Jubelschrei, 
Als ob er wieder auferstanden sei; 
Es galt mir selbst, und eh' ich's je geglaubt, 
Trug ich des Toten Krone auf dem Haupt. 
7. Doch ging es jetzt nicht nächsten Wegs 
nach Haus, 
Ich maß vorher das Rund der Erde aus 
Und richtete die Adler wieder aus, 
Die man zertrümmert in der Zeiten Lauf, 
Und an der Schnur die Völker dumpf und 
stumpf, 
Die das verbrochen, hielt ich den Triumph. 
8. Dort ihr Gewühl! Jedwedes Angesicht, 
Ein Sonnenabdruck dunkel oder licht, 
Wie sie die Zone färbte, schwarz geraucht, 
Und wie von Flammen rötlich angehaucht, 
So stieren sie zum Kapitol empor, 
Wo ich mich neige vor der Götter Chor. 
9. Nun fünfzig Jahre auf dem Römerthron! 
Zwar anfangs noch im Kampf mit Trotz 
und Hohn, 
Doch immer siegreich, endlich ohne Feind, 
Die ganze Menschheit stumm und wie versteiut, 
Nur Odem übrig für ein einzig Wort: 
Hoch Diocletian! Und ewig fort! 
10. Genug! Genug! Mein Jubeltag ist da, 
Die Völker ziehu herbei von fern und nah. 
Das Fest ist selten, das man feiern will, 
Doch ein noch seltneres bereit' ich still: 
Sie bieten mir die Welt zum zweiten Mal, 
Ich weise sie zurück als leer und schal. 
i i. Hier auf dem Markt leg' ich die Krone ab 
Und sorge nur noch für das Kaisergrab, 
Denn statt des Goldes, das sie mir gebracht, 
Und statt der leuchtenden Juwelenpracht 
Beding' ich mir als letztes Liebespfand 
Von einem jeden eine Hand voll Sand. 
12. Die sollen sie mir opfern nach dem Tod, 
Und sie beschwören willig mein Gebot. 
Die ganze Erde hat vor mir gebebt 
Und trägt mein Zeichen; wenn man mich 
begräbt, 
So will ich in der ganzen Erde ruhn, 
Wie's Weltgebietern ziemt und ihrem Thun. 
13. Nun baut' ich mir den mächtigen Palast, 
Der bald schon wieder eine Stadt umfaßt. 
Der neue Cäsar zittert nicht vor mir, 
Der Tod vergißt mich, und es wird mir schier, 
Als wär' dem einz'gen, der sie nicht begehrt, 
Vom Schicksal die Unsterblichkeit beschert. 
14. Heut fiel mir schon die erste Frucht 
vom Baum, 
Den ich gepflanzt, als Zoll für meinen Gaum, 
Längst ist der Wipfel meiner Zeder grün, 
Ich seh' wohl gar die Aloe noch blühn! 
Doch nein, du sollst nicht warten auf deu Schluß 
Zum Epitaph, den ich dir liefern muß! 
15. Drum hent der Tod! Und wie es 
dir gefällt, 
Sterb' ich als Weiser oder auch als Held.
	        
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