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Jener im Tale, das sich bei kleinen Hügeln versenkte;
Dieser am Fuß der himmlischen Zeder, die hoch und erhaben
Stand und mit leisem Geräusch von dem stillen, waldigen Wipfel
Schlummer und Tau auf die Ruͤhenden träufte. Viel' schliefen in Gräbern,
Welche die Kinder der mordenden Stadt den Propheten erbauten.
Judas Ischariot war, nicht weit von dem stillen Lebbäus,
10 Der sein Verwandter und Freund war, voll Unruh' eingeschlafen.
Aber Satan, der seitwärts in einer verborgenen Höhle
Alles, was die Engel von ihren Jüngern erzählten,
Hatte gehört, brach zürnend hervor und ließ, voll Gedanken
Zu dem Verderben entflammt, sich über Ischariot nieder
15 Und goß einen verführenden Traum in sein offnes Gehirne.
Schnell empört' er das klopfende Herz zu Begierden der Bosheit;
Senkte zuerst empfundne Gedanken, voll Feuer, stürmend,
Ihm in die Seele. So wie sich der Donner in schweflichte Berge
Himmelab stürzt, sie entzündet, dann neue Donner versammelt,
Dann durch die Tiefen, nunmehr ein ganzes Wetter, sich fortwälzt.
Denn der Seraphim hohes Geheimnis, den Seelen der Menschen
Edle Gedanken, der Ewigkeit würdige, große Gedanken
Einzugeben, war Satan, zu seiner größern Verdammnis,
Noch bekannt. Zwar kam aus treuer, sorgsamer Ahnung
Seraph Ithuriel wieder zurück, bei dem Jünger zu bleiben;
Aber, da er entdeckte, wie über Ischariot Satan
Sich verbreitete, bebt' er und stand und sahe zu Gott auf
Und entschloß sich, vom Schlaf Ischariot aufzuwecken.
Dreimal schwebt' er auf Flügeln des Sturms durch brausende Zedern
30 über sein Angesicht hin, ging dreimal mit mächtigem Schritte
Bei dem Jünger vorbei, daß des Bergs Haupt unter ihm bebte.
Aber Ischariot blieb, mit kalter, erblafsender Wange,
Wie in tödlichem Schlummer. Der Seraph verhüllte sein Antlitz.
Gleich erschien dem Jünger im Traum sein Vater und sah ihn
s8b Starr und trostlos an und sprach mit bebender Stimme:
„Und du schläfst, Ischariot, hier unbekümmert und ruhig
Und entfernst dich so lang von Jesus, als wenn du nicht wüßtest,
Daß er dich haßt und die übrigen Jünger alle dir vorzieht?
Warum bist du nicht immer um ihn mit ihnen zugegen?
10 Warum suchest du nicht von neuem sein Herz zu gewinnen?
Ach, wem ließ, Ischariot, dich dein sterbender Vater!
Gott! mit welcher Vergehung hab' ich's, mit welchem Verbrechen
Hat's mein Geschlecht verdient, daß ich aus dem Tale des Todes
Kommen und um Ischariot hier und fein trauriges Schicksal
Weinen muß? Und, meinst du, du werdest im Reich des Messias,
Das er errichtet, glücklicher sein, so betrügst du dich, Ärmster!
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