Full text: [Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband]] (Teil 8 = Klasse 2, [Schülerband])

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Oper „Das befreite Jerusalem“ angehört habe. Und man las weiter, 
daß die große Armee trotz Ungunst der Jahreszeit doch noch in furcht⸗ 
baren Massen über Preußen zurückkehren solle, und daß der Kaiser von 
neuem rüste. Aber man las auch von der Untersuchung gegen General 
Malet. Und man wußte, wie frech sich die Lüge in den französischen 
Zeitungen breitete. 
Man sah, was von der großen Armee übrig war. In den ersten 
Tagen des Jahres fielen die Schneeflocken; weiß wie ein Leichentuch 
war die Landschaft. Da bewegte sich ein langsamer Zug geräuschlos 
auf der Landstraße zu den ersten Häusern der Vorstadt. Das waren 
die rückkehrenden Franzosen. Sie waren vor einem Jahre der auf— 
gehenden Sonne zugezogen mit Trompetenklang und Trommelgerassel, 
in kriegerischem Glanz und empörendem Übermut. Endlos waren die 
Truppenzüge gewesen, Tag für Tag ohne Aufhören hatte sich die Masse 
durch die Straßen der Stadt gewälzt, nie hatlen die Leute ein so unge⸗ 
heures Heer gesehen, alle Völker Europas, jede Art von Uniformen, 
Hunderte von Generälen. Die Riesenmacht des Kaisers war tief in die 
Seelen gedrückt, das militärische Schaufpiel mit seinem Glanz und 
seinen Schrecken füllte noch die Phantasie. 
Aber auch die unbestimmte Erwartung eines furchtbaren Verhäng⸗ 
nisses. Einen Monat hatte der endlose Durchzug gedauert; wie Heu— 
schrecken hatten die Fremden von Kolberg bis Breslau das Land aufgezehrt. 
Denn schon im Jahre 1811 war eine Mißernte gewesen, kaum hatten 
die Landleute Samenhafer erspart, den fraßen 1812 die französischen 
Kriegspferde, sie fraßen den letzten Halm Heu, das letzte Bund Stroh, 
die Dörfer mußten das Schock Häckselstroh mit sechzehn Talern, den 
Zentner Heu mit zwei Talern bezahlen. Ünd gröblich, wie die Tiere, 
verzehrten die Menschen. Vom Marschall bis zum gemeinen Franzosen 
waren sie nicht zu sättigen. König Hieronymus hatte in Glogau, keiner 
großen Stadt, täglich vierhundert Taler zu seinem Unterhalt erpreßt, der 
Herzog von Abrantes vier Wochen lang täglich fünfundsiebzig Taler. Die 
Offiziere hatten von der Frau des armen Dorfgeistlichen gefordert, daß 
sie ihnen die Schinken in Rotwein koche; den fettesten Rahm tranken 
sie aus Krügen und gossen Zimtessenz darüber, auch der Gemeine bis 
zum Trommler hatte getobt, wenn er des Mittags nicht zwei Gänge 
erhielt, wie Wahnsinnige hatten sie gegessen. Aber schon damals ahnte 
das Volk, daß die Frevelhaften fo nicht zurückkehren würden. Und die 
Franzosen sagten das selbft. Wenn sie sonst mit ihrem Kaiser in den 
Krieg gezogen waren, hatten ihre Rosse gewiehert, sooft sie aus dem 
Stall geführt wurden; damals hingen sie traurig die Köpfe. Sonst waren 
Krähen und Raben dem Heere des Kaisers entgegengeflogen; damals 
begleiteten die Vögel der Walstatt das Heer nach Osten, ihren Fraß 
erwartend. 
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