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2. Die Sonne, sie bleibet
Am Himmel nicht stehn,
Es treibt sie, durch Länder
Und Meere zu gehn.
Die Woge nicht haftet
Am einsamen Strand,
Die Stürme, sie brausen
Mit Macht durch das Land.
3. Mit eilenden Wolken
Der Vogel dort zieht
Und singt in der Ferne
Ein heimatlich Lied.
So treibt es den Burschen
Durch Wälder und Feld,
Zu gleichen der Mutter,
Der wandernden Welt.
4. Da grüßen ihn Vögel
Bekannt überm Meer,
Sie flogen von Fluren
Der Heimat hieher;
Da duften die Blumen
Vertraulich um ihn,
Sie trieben vom Lande
Die Lüfte dahin.
5. Die Vögel, die kennen
Sein väterlich Haus.
Die Blumen einst Pflanzt' er
Der Liebe zum Strauß,
Und Liebe, die folgt ihm,
Sie geht ihm zur Hand:
So wird ihm zur Heimat
Das ferireste Land.
Mel: Volksweise: urspr. Tirolerlied „Hoch droben auf'm Berge".
75. D$1* üdiWdcrtl*» Von Hermann von Hermannstdat.
Mein Lebenslauf in der Fremde. Freiburg i. Br. 1837. 8. 17.
1. Wenn ich den Wandrer frage: „Wo kommst du her?"
,Von Hause, von Hause/ spricht er und seufzet schwer.
2. Wenn ich den Landmann frage: „Wo eilst du hin?"
,Nach Hause, nach Hause!‘ spricht er mit frohem Sinn.
3. Wenn ich den Freund nun frage: „Wo blüht dein Glück?"
,Zu Hause, zu Hause!‘ spricht er mit frohem Blick.
4. So hat man mich gefraget: „Was quält dich sehr?"
,Jch kann nicht nach Hause, hab' keine Heimat mehr/
Mel.: Friedrich Brückner (1811—1894).
76. Lied der fmindicbaft* von Simon Da*.
Ander Teil der Arien usw. von Heinr. Albert. Königsberg 1640. S. 10.
1. Der Mensch hat nichts so eigen,
So wohl steht ihm nichts an,
Als daß er Treu erzeigen
Und Freundschaft halten kann, —
Wann er mit seinesgleichen
Soll treten in ein Band,
Verspricht sich, nicht zu weichen,
Mit Herzen, Mund und Hand.
2. Die Red' ist uns gegeben,
Damit wir nicht allein
Für uns nur sollen leben
Und fern von Leuten sein;
Wir sollen uns befragen
Und sehn auf guten Rat,
Das Leid einander klagen,
So uns betreten hat.