53. Graf Zeppelin.
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das Luftschiff, der leisesten Wendung des Steuers gehorchend und ganz nach
Wunsch auf- und abwärts steigend, bis es bei Anbruch der Dunkelheit auf
dem See landete.
Aber nun war noch eine Schwierigkeit zu überwinden: das Luftschiff
konnte nur auf einer Wasserfläche landen; sobald es den festen Boden berührte,
war es in Gefahr, zu zerschellen. Doch nach und nach lernte man das Schiff
l'o langsam aus der Luft herabsinken zu lassen, daß diese Gefahr nicht mehr
bestand, und wenn man einen oder ein paar Ackerwagen, die ja überall zu
haben sind, in die Erde grub, konnte man ja das Luftschiff an ihnen mit
Dauen fest verankern.
Nun konnte Graf Zeppelin wagen, über weite Länderstrecken zu fahren.
Pfingsten 1909 flog sein Luftschiff auf einer 38 ständigen Fahrt vom Baden¬
de nach Norddeutschland und zurück. Und am 29. August 1909 landete es
auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin unter Glockengeläut und dem Jubel
von Hunderttausenden. Während Soldaten das Luftschiff verankerten, stieg
ber Graf aus der Gondel und meldete sich beim Kaiser Wilhelm, der ihn mit
Handschlag und Kuß begrüßte. Und auf der Fahrt zum Schlosse in Berlin,
wo ein Festmahl stattfinden sollte, ließ der Kaiser den Grafen zu seiner
Pochten sitzen, um den großen deutschen Erfinder vor aller Welt zu ehren.
Das Volk aber, das die Straßen füllte, so daß das kaiserliche Automobil
kaum vorwärts kommen konnte, begrüßte den greisen Grafen mit dem Liede:
Deutschland, Deutschland über alles. Mit Recht; denn Graf Zeppelin gehöri
Zu den Helden, den Führern unseres Volkes.
Was für Folgen die Erfindung des lenkbaren Luftschiffs haben wird,
^as kann noch niemand ermessen. Aber bereits liegen zwei Luftschiffe,
Zeppelin I und Zeppelin 11, in den großen Festungen Köln und Metz, bereit
k'ei der Verteidigung der deutschen Westgrenze zu helfen. Der Luftschiffer
kann nämlich im Kriege über das feindliche Heer hinfliegen und dessen
Stellungen erkunden; er kann über einer belagerten Festung schweben und
Sprengstoffe herabfallen lassen, die ihre Mauern zertrümmern, er kann ebenso
dkne feindliche Flotte in Schrecken setzen. Vielleicht werden später Luft¬
schlachten geschlagen, wie jetzt Seeschlachten. Aber noch größere Dienste wird
Erfindung dem friedlichen Verkehre und der wissenschaftlichen Forschung
kun. Und dann wird man immer auch des schwäbischen Grafen gedenken,
chr als Reitersmann und als Erfinder nie den Mut verloren und darum sein
^lel erreicht hat, ein Vorbild für jeden Deutschen. «mu JHinoibt.
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