Full text: [Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband]] (Teil 6 = Klasse 4, [Schülerband])

Z. Pechvogel und Glückskind. 
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Sternen und Schärpen. Alles war ganz still. Da ging die Türe auf, und 
Pechvogel wurde hereingebracht. 
„Du wirst morgen geköpft", fuhr ihn der König an, „aber zuvor wirst 
du augenblicklich und vor allen diesen edlen und erlauchten Herren meiner 
Tochter den Kuß wiedergeben, den sie dir unüberlegterweise gegeben hat." 
„Wenn Ihr nur das wünscht, Herr König", entgegnete Pechvogel, „so 
will ich es herzlich gern tun, und wenn es möglich ist, daß ein Mensch noch 
glücklicher werden kann, als ich es jetzt schon bin, so werde ich es gewiß 
werden." 
„Das wollen wir erst einmal sehen!" unterbrach ihn der König barsch, 
„diesmal könntest du dich verrechnet haben!" 
Darauf schritt Pechvogel aus die Prinzessin zu, umarmte sie und gab 
ihr einen Kuß. Sie aber nahm seine Hand, sah ihn sehr freundlich an, und 
beide blieben vor dem Throne stehen. 
„Bist du denn nun wieder vergnügt, meine liebe Tochter?" fragte 
der König. 
„Ein kleines bißchen, Herr Vater", entgegnete sie. „Aber es wird 
gewiß nicht lange vorhalten." 
„Ja, ja!" sagte der König traurig, „ich sehe es schon. Er ist ja 
nicht wieder traurig geworden, wie es sein müßte, wenn's richtig wäre. Er 
steht ja noch immer da und lächelt und macht immer noch das unverschämt 
vergnügte Gesicht! Was nun anfangen?" 
Da schlug die Prinzessin die Augen nieder und sagte leise: „Ich weiß 
es, Vater, und will es dir sagen, aber bloß ins Ohr." 
Darauf ging der König mit der Prinzessin auf den Vorsaal, und als 
sie wieder hereintraten, nahm er die Hand Pechvogels, legte sie in die der 
Prinzessin und sagte zu allen den versammelten Herren und Grafen: 
„Es ist nicht zu ändern, Gottes Wille geschehe; dies ist mein lieber 
Sohn, der König wird, wenn ich einmal sterbe." 
Und Pechvogel wurde Prinz und später König. Er wohnte in dem 
goldenen Schlosse und gab der Prinzessin so viel Küsse, daß sie noch viel 
fröhlicher wurde als zuvor. Prinzessin Glückskind aber schenkte ihm für 
seinen häßlichen Namen die allerschönsten, jeden Tag einen anderen. Nur 
zuweilen, wenn sie recht übermütig lustig war, sagte sie zu ihm: „Weißt du 
noch, wie du früher hießest?" und dann wollte sie sich totlachen. Er aber 
hielt ihr den Mund zu und sprach: „Still! was sollen die Leute denken, wenn 
sie es hören? Ich verliere ja allen Respekt!" 
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Richard von Volkmann (Leander).
	        
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