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48. Btiber aus der TTeuett Welt.
timen, nach England wie nach Indien, Japan und dem Kap. Die Segel sind
vom Winde geschwellt, die Flaggen flattern stolz auf den Mastspitzen; die
Schlote von hundert Dampfern pusten schwarzen, dicken Rauch, der in langen,
horizontalen Streifen hinter ihnen zurückbleibt. Der Bug der Schiffe taucht
5 in den Wellen auf und nieder: — überall Leben, überall Tätigkeit. Die
schaumgekrönten, grünen Wellen, die, vom Schiffe aufgepflügt, längs der
Wandung emporlecken und sich lustig eine um die andere drängen, rufen dem
Ankommenden ihren Willkommgruß entgegen.
Es ist ein anders geartetes, rascher pulsierendes Leben, das sich schon
10 hier im Hafen von New Jork offenbart und es zu seinem Vorteil von den
Häfen der Alten Welt unterscheidet. In Holland oder England alte, träge,
kohlengeschwärzte Leichter und Remorqueure, dickbäuchige, plumpe Barken
und Schoner mit ein oder zwei Masten, an denen braune oder schmutziggraue
Segel hangen, ebensolche Fischerbarken, die sich schwerfällig auf den Wellen
15 wiegen und mit ihrem breiten Bug kaum vorwärts zu kommen scheinen; in
den afrikanischen Häfen die eigentümlichen Dahabijen mit ihren hohen,
schlanken Rahen und den spitzen Segeln; die griechischen Barken mit dem
Dreiecksegel; in Indien und China die kuriosen Dschunken und Ruderboote.
New Jork jedoch zeichnet sich vor all diesen Häfen durch die Zierlichkeit und
20 Nettigkeit seiner Fahrzeuge aus. Nicht daß die Amerikaner als Seefahrer
einen guten Namen besäßen oder über eine besonders bedeutende trans¬
ozeanische Handelsflotte verfügten; das gerade Gegenteil davon ist der Fall.
Nur wenige Dampfer oder Dreimaster führen das Sternenbanner auf hoher
See, aber desto bedeutender sind die amerikanischen Klipper, Schoner und
25 Jachten, — nirgends wird man so elegante, kokette, reinliche Schiffchen dieser
Art finden. Ihre blendend weihen Segel leuchten in der Sonne, ihr schlanker
Körper schneidet im Fluge durch die Wellen, ihre Masten biegen sich elastisch
vor dem Winde. — Diese Jachtenflotte tummelt sich auf der weiten Bucht
umher wie ein Schwarm von Wassermücken. Fast ebenso leicht und elegant
30 sind die amerikanischen Schoner mit ihren vier Masten und der eigentümlichen
Segelstellung. — Häufig sieht man kleine, kräftige Schleppdampfer wie
Torpedoboote durch die Wogen schießen, daß diese sich hoch aufbäumen und bei
Gegenwind das ganze Fahrzeug mit Schaum bedecken. Klein und unscheinbar,
schleppen sie doch die größten Dreimaster,- Schoner, Fischerbarken aus den
35 Docks nach der offenen See. — Die eigentümlichsten Fahrzeuge im Hafen
von New Aork sind jedoch die sogenannten Ferryboote, Dampffähren, die in
ihrem Äußeren imposanten, schwimmenden Palästen gleichen. Wie kolossale
Schwäne mit halbgeöffneten Flügeln furchen sie leicht durch das Wasser; ihre