Full text: [Abteilung 5 = Für Ober-Tertia, [Schülerband]] (Abteilung 5 = Für Ober-Tertia, [Schülerband])

Nover u. Wagner: Die Schildbürger. 45 
Einige mitleidige Seelen aber riefen aus: „Seht doch, wie weh der 
Tod thut!" 
Das Kriegsgerücht, um deswillen die Schildbürger ihre Glocke ver¬ 
senkt hatten, war kein blinder Lärm. Auch an die Schildbürger erging 
der Befehl, eine Schar Bewaffneter zur Stadt zu schicken. Einem dieser 
Landsknechte begegnete ein Bauer mit einer Kuh, welche den mutigen 
Krieger zufällig mit ihrem Horn berührte. Da zog der Held seinen 
Dolch, ging auf die Kuh los und sprach: „Bist du eine ehrliche Kuh, 
so stoß noch einmal!" Die Kuh erschreckte diese mannhafte Anrede 
so, daß sie dem kühnen Streiter aus dem Wege ging. 
Bald darauf machten die Städter einen Ausfall, um nach dem 
Feinde zu streifen und den Bauern Hühner und Gänse abzunehmen. 
Unser wackerer Schildbürger hatte nun kurz zuvor ein Panzerstück 
gesunden und dem Schneider befohlen, es ihm in seiner Kleidung da 
einzusetzen, wo das Herz sei, damit es einen feindlichen Puff aushalte. 
Der Schneider versprach ihm lächelnd, er wolle es schon am rechten 
Fleck einsetzen. Bald darauf brachte er ihm die bestellte Arbeit. In 
der neuen Waffenrüstung zog nun unser Held mit auf den Bentezug. 
Doch die Bauern fielen über ihn her und jagten ihn in die Flucht. 
In seiner Angst wollte er schnell über einen Zaun, blieb aber mit der 
Hose hängen. Da stach ein Bauer von hinten nach ihm mit der Helle- 
barde, so daß er über den Zaun wegflog. Betäubt lag er am Boden 
und hielt sich für schwer verwundet. Als die Feinde vorübergezogen 
waren, befühlte er sich sorgsam, ob ihm das Blut durch die Hosen 
rinne. Doch siehe da! er war unverletzt. Und was war die Ursache 
davon? Der Schneider hatte ihm das Panzerstück hinten in die Hosen 
eingesetzt und so den rechten Fleck getroffen, wo er am verwundbarsten 
war. „Wie sein!" sprach er zu sich, „wie richtig hat der Schneider 
den Fleck gefunden, wo einem tapferen Schildbürger das Herz sitzt!" 
Der Krieg war nun zwar glücklich vorüber, aber nicht die Not. 
Besonders machten den Schildbürgern die Mäuse zu schaffen, die ihnen 
alles wegfraßen. Nun traf es sich, daß in Schilda ein Wanderer ein¬ 
kehrte, der eine Katze auf dem Arme trug. Auf Befragen, was er da 
habe, gab er zur Antwort: „Ei, einen Maushund!" In der Wirts¬ 
stube, wo er saß, spazierten die Mäuse frech umher. Da ließ der Fremde 
seine Katze lausen, die im Nu unter den Mäusen aufräumte. Das 
meldete der Wirt der Gemeinde. Diese kam überein, dem Wanderer 
seinen „Maushund" abzuhandeln. Dieser meinte, sein Tier sei ihm 
zwar nicht feil, doch für 100 Gulden wolle er es hingeben. Die Bauern 
gingen froh darauf ein, bezahlten ihm die Hälfte und sagten, nach einem 
halben Jahre könne er die andere holen. Der Fremde trug ihnen die 
Katze in die Burg, wo ihr Getreidespeicher war, und machte sich mit 
dem Gelde eiligst davon in Besorgnis, der Kauf möge sie reuen.
	        
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