Full text: [Teil 4, [Schülerband]] (Teil 4, [Schülerband])

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In der Frithiofssage, einem nordischen Heldengedichte, sagt die Königs¬ 
tochter Jngeborg in Beziehung auf Frithiof, ihren Verlobten: 
„Ihm" (Frithiof) „auf der Hand 
wirk ich dich, Falk, hier auf Teppiches Rand, 
Silbern die Schwingen zu schauen, 
Golden die Klauen." 
Während des ganzen Mittelalters blieb das Spinnen und Nähen eine 
Hauptbeschäftigung der Frauen aller Stände; die Weberei dagegen ging 
vielfach in die Hand der Männer über. Zu einer wirklichen Kunst aber 
erhob sich die Stickerei. Die Edelfrauen auf den Burgen sowohl als die 
reichen Bürgerfrauen in den Städten und die frommen Schwestern in 
den Klöstern zeichneten sich aus durch große Geschicklichkeit und edlen 
Geschmack in der Ausführung reicher Muster. Da wurden die Säume 
der Gewänder mit bunten Leinen- und Wollenfäden, mit Seide und Gold, 
je nach dem Stoffe des Kleides, reich gestickt. Da zeigten Tafeltücher 
und Bettbehänge figurenreiche, stilvolle Ränder. Da gingen prächtige 
Teppiche und Wandbehänge, Altardecken und Vorhänge aus den kunst¬ 
fertigen Händen der Frauen hervor. In einer alten Dichtung heißt es: 
„Diese wirkte an dem Nahmen, 
Jene nähte, diese spann" 
und: 
„Die mich lehre wirken das Gedichte an dem Rahmen 
Und darauf entwerfen beide, wild und zahm, 
Hirsch und Hindin, als ob sie möchten lebend fein." 
Noch jetzt bewundern wir die Arbeiten, die uns aus jener Zeit erhalten 
sind, so z. B. eine Stickerei,..angeblich von der Gemahlin Wilhelms des 
Eroberers herrührend, welche auf einem 71 m langen und 50 cm breiten 
Leinwandstreifen die Geschichte der Eroberung Englands darstellt, und 
ein besonders prächtiges Meßgewand aus dem 11. Jahrhundert, das zu 
den ungarischen Reichskleinodien gehört. 
Die Musterzeichnungen unserer Vorfahren dienen nicht allein vielfach 
als Grundlage unserer heutigen Muster, wir benutzen sie teilweise auch 
unverändert als Vorlagen, da sie sich durch Reichhaltigkeit und Schönheit 
der Fornien auszeichnen. So ist das Siebmachersche Musterbuch, das 
aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammt, neuerdings wieder heraus- 
gegeben worden. 
Am Ende des Mittelalters gesellte sich zu den bis dahin gebräuch 
lichen Arbeiten der Frauen noch die Anfertigung kunstvoller Spitzen. 
Allein diese Arbeit wurde nicht so allgemein üblich als die Stickerei, 
sondern beschränkte sich auf bestimmte Länder, wo sie sich bald zu einem 
besonderen Erwerbszweig herausbildete. Die Niederlande und Venedig 
waren die Ursprungsstätten der genähten Spitzen, die in ihrer Zartheit 
und dem Reichtum ihrer Muster einen so hohen Grad der Schönheit er¬ 
reichten, daß noch jetzt die Spitzen aus dem vorigen Jahrhundert einen 
weit höheren Wert haben, als die jetzigen. Die geklöppelten Spitzen
	        
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