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unzählige Sterne sichtbar, unter ihnen viele, welche auf der Erde nur
das Fernrohr den Blicken zugänglich macht. Sie erglänzen in einer un-
gemein strahlenden, aber dabei ruhigen Pracht. Einen wundervollen
Anblick muß — immer angenommen, daß ein menschliches Auge vom
Monde in den Weltraum schaute — die Erde von diesem aus gewähren.
Nur die eine Seite der Mondkugel kann sich freilich dessen erfreuen, die
andere Hälfte empfängt niemals das Licht unserer Erde, wie sie dieser
auch niemals das Sonnenlicht zuwerfen kann, in welchem sie während
ihres langen Tages erglänzt. Für den Beobachter auf dem Monde steht
die Erde fast stets an derselben Stelle des Himmels, er sieht sie nicht
aufgehen, sich am Himmel hiubewegcn und endlich untergehen: nur wenn
er seinen Standpunkt auf dem Monde verändert, erblickt er auch sie an
einer anderen Stelle des Firniamentes. Könnten wir uns etwa in die
Mitte der uns zugewandten Mondoberfläche versetzen, so würden wir mit
unseren menschlichen Augen um die Mitte der mehr als vierzehntägigen
Mondennacht die Erde als eine prachtvoll erleuchtete kreisrunde Scheibe
hoch am Scheitelpunkt schweben sehen. Dreizehnmal großer, als uns
Erdbewohnern der Vollmond, erscheint die leuchtende Vollerde, an Größe
etwa einem umfangreichen Wagenrade gleich. Sie zeigt aufs deutlichste
die Heller glänzenden Gebiete der Festländer mit ihren besonders stark
leuchtenden Gebirgsketten und die dunkleren Meeresflächen. Indem die
Erde sich um ihre Achse dreht, ziehen die wechselnden Gestalten ihrer
Oberfläche vor den Augen des Beobachters vorüber. Von Tag zu Tag
nimmt das Licht der Erde in derselben Weise ab wie bei uns das Licht
des Vollmondes. Wenn die Sonne sieben Tage nach Mitternacht wieder
aufgeht, ist die schöne Erdenscheibe noch halbvoll. Immer mehr nimmt
ihre Beleuchtung ab, bis sie gerade dann, wenn die Sonne in der
Mittagsstunde am höchsten steht, als Neuerde unsichtbar wird. Nach
abermals sieben Tagen, wo die Sonne untergeht, ist der Erdkreis wieder
zur Hälfte beleuchtet. So ist dort, in der Mitte der uns zugewandten
Mondfläche, das Licht der Erde in einem herrlich abwechselnden Ver¬
hältnis mit dem Licht der Sonne; es ist gerade dann am mächtigsten
und stärksten, wenn die Sonne um Mitternacht an: weitesten vom Hori¬
zont entfernt ist, und am schwächsten dann, wenn die hoch am Himmel
strahlende Sonne es völlig entbehrlich macht. Und wie herrlich muß
der Glanz sein, den die Erde, zumal wenn diese voll ist, auf die
welligen Gefilde des Mondes wirft! Und dieses von der Vollerde dem
Monde zugesandte Licht läßt sich nicht selten auf der Erde deutlich wahr-
nehmen. Wenn einige Tage nach dem Neumonde die schmale Sichel
wieder sichtbar wird, erblicken wir neben derselben die Nachtseite des
Mondes mit einem schwachen Schimmer übergössen, so daß die volle
Scheibe sich deutlich gegen den dunklen Himmel abhebt. Es ist das den
Mond bescheinende Erdenlicht, welches wir hier wahrnehmen. So hat
der Mond den Widerschein des Glanzes empfangen, mit dem die Sonne
unsere Erde bestrahlt, und giebt uns dieses Licht, wenn auch nur schwach
und aschfarben, wieder zurück.
Mitunter geschieht es, daß der Mond auf seiner nächtlichen Wande¬
rung am Himmel über Sterne hingleitet und diese so unseren Blicke»