fullscreen: Für Quarta, Tertia und Sekunda (Teil 2, [Schülerband])

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Auf der Jagd ging sein Pferd mit ihm durch und rannte so gewaltig 
gegen eine Buche, dag es den Augenblick tot hinfiel und dem Reiter an dem 
Baume das Gehirn in tausend Stücke zerstob. Und das ist nun seine 
Strafe nach dem Tode, daß er anch noch im Grabe keine Ruhe hat, son¬ 
dern die ganze Nacht umherschweifen nnd wie ein wildes Ungeheuer jagen 
muß. Dies geschieht jede Nacht, Winter wie Sommer, von Mitternacht 
bis eine Stunde vor Sonnenaufgang, und dann hören die Leute ihn oft 
„Wod! Wod! Hoho! Halloh! Halloh!" schreien: davon wird er selbst an 
manchen Orten der Wode genannt. 
Der Wode sieht fürchterlich aus, und fürchterlich ist auch sein Aufzug 
And Gefolge. Sein Pferd ist ein schneeweißer Schimmel oder ein feuer¬ 
flammiges Roß, aus dessen brausenden Nüstern Funken sprühen. Darauf 
sitzt er, ein langer hagerer Mann in eiserner Rüstung/ Zorn und Grimm 
funkeln seine Augen, und Feuer fliegt aus seinem Angesicht,- sein Leib ist 
Aorübergebeugt, weil es immer im hallenden, sausenden Galopp geht/ seine 
Rechte schwingt eine lange Peitsche, mit welcher er knallt und sein Wild 
aufjagt oder auch auf das verfolgte haut. Wütende Hunde ohne Zahl 
Amschwärmen ihn und machen ein fürchterliches Getöse und Geheul/ er 
aber ruft von Zeit zu Zeit: „Wod! Wod! Halloh! Halloh! Halt den 
Mittelweg! Halt den Mittelweg!" Seine Fahrt geht meistens durch wilde 
Wälder und öde Heiden, nnd in der Mitte der ordentlichen Straßen und 
Wege darf er nicht reiten. Trifft er zufällig auf einen Kreuzweg, so stürzt 
er niit Pferd nnd Mann und Maus fürchterlich über Kopf und rafft sich 
weit jenseits erst wieder auf/ doch auch die, welche er jagt, dürfen diesem 
Kreuzwege nicht zu nahe kommen. Und was für Wildbret jagt er? Unter 
den Tieren alles diebische und räuberische Gesindel, welches zur Nachtzeit 
auf Mord und Beute schleicht, Wölfe, Füchse, Luchse, Katzen, Marder, 
Iltisse, Ratten und Mäuse und von Menschen Mörder, Diebe, Räuber, 
Hexen und Hexenmeister nnd alles, was von dunkeln und nächtlichen 
Künsten lebt. So muß dieser Bösewicht, der im Leben so viel Unglück 
anrichtete, es gewissermaßen im Tode wieder gut machen. Er hält, 
was die Leute sagen, die Straße rein/ denn wehe dem, welchen er bei 
nächtlicher Weile auf verbotenen Schleichwegen oder im Felde und Walde 
antrifft, und der nicht ein gutes Gewissen hat! Wie mancher muß wohl 
zittern, wenn er sein „Hoho! Halloh! Halt den Mittelweg! Halt den 
Mittelweg!" hört! Denn gewöhnlich jagt er, was er vor seine Peitsche 
uimmt, so lange, bis es die Zunge aus dem Halse streckt und tot hinfällt.
	        
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